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Berlin: Coole Lutscher

ENDE DER EISTÜTE  Der Berliner Designer David Marx stellt seine Idee für ein gesundes, modernes Eis vor. Er nennt es „Kyl 21“.

Eis ist das vermutlich beliebteste Genussmittel der Welt. Es wäre also Zeit, dass es im 21.Jahrhundert ankommt, jedenfalls, wenn es nach David Marx geht. Zucker und Fett sind nicht gesund, findet er, und überhaupt: Käme einer der Superhelden eines Science-Fiction-Films in die Eisdiele, würde er sich dann eine Kugel Erdbeereis in die Waffeltüte drücken lassen? Oder nicht vielmehr etwas futuristisch Glitzerndes mitnehmen?

Der Berliner David Marx, 44 Jahre alt und lange als Produktdesigner und in der Werbebranche aktiv, denkt so etwas nicht nur, sondern hat auch die Möglichkeiten, seine Fantasien in die Realität umzusetzen: „Eis ist ein Produkt, für das es sich lohnt zu kämpfen!“ Sein Schlüsselerlebnis liegt über vier Jahre zurück, es war die Buchpremiere von Ferran Adriàs großem Kochbuch in Berlin. Aha, fand Marx nach Lektüre der Ideen des katalanischen Küchenmagiers, man kann diese Dinge also doch anders und neu machen.

Dann begann das Denken und Experimentieren. Erstens, beschloss Marx, sei es Zeit, dass sich nicht länger nur Konditoren, sondern vor allem Spitzenköche ums Eis kümmern. Zweitens wollte er alles rauswerfen, was nur der Konsistenz dient, Grundmassen, Emulgatoren, Bindemittel, Sahne, Zucker, Luft. Was drittens nur geht, wenn der Eismacher flüssigen Stickstoff zur Schockkühlung einsetzt, damit keine Wasserkristalle entstehen, die die Zellen knacken und den Schmelz stören.

Andere Beobachtungen kamen hinzu. Jeder bessere Koch verwendet fürs Eismachen den Paco-Jet, eine Art Mixer, der hart gefrorene Grundmassen blitzschnell in glattes Eis verwandelt. Weshalb gibt es diese Dinger in keiner Eisdiele? Und warum werden dort immer nur langweilige Becher oder fettes Spaghetti-Eis gereicht statt subtiler Kombinationen mit Cremes und Schäumen wie im Restaurant?

In den letzten vier Jahren hat Marx mit seinen Mitstreitern viel Stickstoff weggepustet, endlos lange an Rezepturen herumgetüftelt und viel Geld in die Entwicklung der Formen für sein Eis am Stiel gesteckt. Dabei ist nebenbei auch ein Grundrezept für veganes Eis auf Reisbasis angefallen, das ohne den störenden Beigeschmack von Sojamilch auskommt. „Darauf bin ich besonders stolz“, erklärt Marx, der von sich sagt, er lebe „vegan mit Käse“.

Zur Weltpremiere von „KYL21“ im „Platoon“ in Prenzlauer Berg hatte Marx sechs Sorten Eis am Stiel mitgebracht, eins davon vegan. Aber auch die anderen tragen alle anderen hehren Etiketten, die es so gibt, von bio über „fair trade“ bis „Ohne Gentechnik“, und sie enthalten nur beste Grundprodukte. Der Fettanteil kommt allein aus Zutaten wie Joghurt oder Schokolade, gesüßt wird dezent mit Birken- oder Kokosblütenzucker. Die Sorten: Matcha-Tee, Feige-Honig, Mango-Rosmarin-Kokos, Waldbeeren-Limette, Schokolade (vegan) und Joghurt-Vanille. Der Reiz liegt in der enorm geschmeidigen Textur, der prägnant eckigen Form, und, natürlich, im klaren, kaum durch Süße gestützten Geschmack, der auf jegliche Effekte verzichtet. Marx stellt dieses Eis nun als „Pop-up-Eisdiele“ im Platoon vor, das Stück kostet 2,70 Euro. Während der Öffnungszeiten gibt es immer wieder auch Vorführungen mit allerhand Stickstoffzauber.

Platoon, Schönhauser Allee 9, Prenzlauer Berg, täglich von 12-24 Uhr geöffnet

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