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Es könnte so einfach sein: Impfangebot in den Schönhauser-Allee-Arcaden in Berlin-Prenzlauer Berg.

© IMAGO / Seeliger

Coronakrise in Berlin: Lasst die Stadt wieder pulsieren – lasst euch impfen!

Unser Kolumnist findet Berlin großartig. Eigentlich. Doch jetzt hat er einen dringenden Wunsch an seine Bewohnerinnen und Bewohner.

Ich mag das Alexa. Aber ich gehe auch gerne ins KaDeWe. Am liebsten allerdings bin ich im Karstadt am Hermannplatz. Ich mag ziemlich viele Geschäfte in dieser Stadt. Ich bummele gerne. Sogar in den Drogeriemärkten. Da kaufe ich mir dann neben Haarspray und Seife – mehr braucht ein ja Mann nicht – ab und an hübsche Servietten, einen neuen Duft oder bei Rossmann eines dieser eher untypischen Produkte, die ganz am Anfang des Ladens zu finden sind. Eine Leuchte, die wie ein Mond aussieht oder etwas von „Paw Patrol“ für meinen Sohn.

Tagesspiegel-Kolumnist Peter Wittkamp.
Tagesspiegel-Kolumnist Peter Wittkamp.

© Peter von Felbert

Ich finde die kleinen Läden am Hackeschen Markt oder in den Seitenstraßen Neuköllns süß, ich gehe aber tatsächlich auch mal gerne in den Tchibo am Hauptbahnhof. Im Eterna-Store an selber Stelle habe ich bereits mindestens sieben Kleidungsstücke erworben. Natürlich gehe ich auch mal zu H&M, aber lieber zu Peek & Cloppenburg, doch niemals zu Primark, was in dieser Zusammenstellung leicht inkonsequent ist.

Ich mag Märkte. Die wie früher, mit Ständen, fünf Zitronen für einen Euro und lauten Schreiern. Aber auch die Supermärkte. Am liebsten Lidl, dann Edeka, danach Rewe. Oder Penny und Netto, wenn man mal wieder daran erinnert werden möchte, wie Berlin kurz nach dem Krieg aussah. Natürlich mag ich auch die Flohmärkte, das Dong-Xuan-Center und die Menschen, die sich einfach so auf die Straße stellen und versuchen, etwas zu verkaufen.

Ich gehe aber auch gerne Essen in Berlin. Dabei habe ich feste Preisvorstellungen. Es muss unbedingt zwischen 10 Cent und 100 Euro liegen. Eine schnelle Schrippe beim Bäcker oder eben auch mal die Miesmuscheln und danach das Entrecôte in der Paris Bar. Und auch dazwischen ist eine Menge möglich. Currywurst natürlich oder türkische Currywurst, also Döner. Ich kenne nicht den besten der Stadt, niemand kennt das, aber einen ziemlich guten in Neukölln.

Außerdem esse ich in gerne Burger, Halloumi und klar: Pizza auf jede erdenkliche Art. Als stets einen Tick zu kurz erhitztes Viereck direkt aus dem gläsernen Tresenverkauf in der Falckensteinstraße, als neapolitanische Kunstform in Neukölln oder auch mal gerne von Jugoslawen, die nur so tun, als wären sie Italiener, dafür aber nur fünf Euro verlangen und viel zu viel – also genau richtig – Käse drauf werfen.

„In Berlin ist niemand zufrieden, aber alle sind ein bisschen glücklich“

Von den ganzen hippen Restaurants, in denen man manchmal für 15 Euro fantastisch und ab und an für 50 Euro miserabel essen kann, ganz zu schweigen. Ebenso von all den Kulturen, die diese Stadt bereichern, indem sie uns ihr Essen zeigen. Libanesisch, Japanisch, Spanisch, Griechisch, Kanadisch, Mongolisch und wahrscheinlich haben auch die Färöer Inseln und Monaco irgendwo in Berlin eine kulinarische Vertretung aufgebaut.

Apropos Vertretungen: Ich mag auch all die Botschaften in dieser Stadt. Und die meisten anderen Gebäude. Natürlich auch die bekannten wie das Brandenburger Tor, den Fernseherturm oder den Reichstag. Aber auch die etwas verrückteren, wie das Tipi am Kanzleramt, den Prisma Pavillon in Kreuzberg oder das Restaurant im Fernsehturm.

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Ich liebe es, in der Nacht an sehr langen Reihen von Plattenbauten vorbeizufahren und daran zu denken, dass hinter jedem Licht dort mindestens ein Schicksal, vielleicht eine ganze Familie voller Schicksale wohnt. Ich bewege mich mit Taxi, U-Bahn, Bus, Tram, E-Roller, Berlkönig und Ausflugsschiff durch die Stadt. Ich würde sogar auf ein Bierbike steigen – aber da niemand mehr heiratet, feiert leider auch niemand mehr Junggesellenabschied.

Ach ja, Feiern! Ich finde es großartig, dass es in Berlin Bars gibt, in denen Menschen in schicken Anzügen fein zusammengestellte Cocktails ab 12 Euro aufwärts schütteln – aber noch viel lieber gehe ich in eine Eckkneipe und trinke eine Molle für 2,50. Ich sitze gerne an einem Kiosk und trinke Sternburg, aber wenn es irgendwo Champagner gibt, ziehe ich meine Hand nicht abwehrend über die Sektflöte.

Ich mag die Clubs, die Discos, die Pubs, die Theater, die Kinos, die Konzerte, die Museen und ab und an mag ich auch, was Wildfremde auf der Straße vorführen. Ich finde es großartig, dass in Berlin nichts und alles läuft. Dass niemand zufrieden aber alle ein bisschen glücklich hier sind. Ich finde sogar irgendwie gut, dass noch nicht mal die letzte Bundestagswahl hier funktioniert hat. Wenn etwas Punk ist, dann ja wohl Wahlsabotage.

Vielleicht geht es Ihnen ja auch ein wenig wie mir. Vielleicht mögen sie all diese Dinge ebenso. Oder nur ein paar davon, die aber umso lieber. Oder ganz andere. Egal. Lassen sie uns dafür sorgen, dass die Stadt, so wie jeder sie am liebsten hat, bald wieder pulsiert. Lassen Sie sich impfen. Vor allem für sich. Aber auch für alle anderen Berliner, die diese Stadt am Leben halten.

Peter Wittkamp ist Werbetexter und Gagschreiber. Er ist derzeit Hauptautor der „Heute Show Online“ und hat die Kampagne #weilwirdichlieben der Berliner Verkehrsbetriebe mit aufgebaut. Ab und zu schreibt er ein Buch, publiziert bei Instagram als Peter_Wittkamp oder twittert unter dem leicht größenwahnsinnigen Namen @diktator. Im Tagesspiegel beleuchtet Peter Wittkamp alle 14 Tage ein Berliner Phänomen.

Peter Wittkamp

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