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Hilfsbedürftig: Die Eingangstür eines Ladengeschäfts.

© Britta Pedersen/dpa

Coronakrise und Einzelhandel: Lasst euch euer Mitgefühl was kosten!

Viele Einzelhändler trifft die Coronakrise extra hart. Welche Geschäfte überleben, liegt auch an uns: Wir müssen mehr geben als Facebook-Herzen. Ein Kommentar

Der Blumenhändler um die Ecke nimmt’s mit Galgenhumor. „Wir kommen wieder – Corona is a bitch“, schrieb er vor zehn Tagen mit Klebebuchstaben auf das Ladenfenster. Da musste er wegen der aktuellen Lage schließen. Dann kam vor Kurzem die Nachricht, dass Blumenläden wieder öffnen dürfen. Mein Florist feierte das mit ein paar dekorativ in leeren „Corona“-Bierflaschen drapierten Blumen. Für das Foto davon hat er auf Facebook 40 „Likes“ gekriegt.

Schön und gut, aber kaufen kann er sich davon nichts. Ebenso wenig wie der Buchhändler in der Nachbarschaft, dessen Laden in diesen Tagen zwar meistens leer ist, der aber bisher tapfer weitermacht. Oder der Spielwarenladen gegenüber, der immerhin noch vier Stunden am Tag geöffnet hat. Oder die Betreiberin des Teeladens, die Bestellungen per Telefon und E-Mail entgegennimmt und den Kunden die Waren nach Hause bringt.

[Welche Folgen hat das Coronavirus in den Bezirken? Hier gibt es unsere Leute Newsletter mit allen Infos dazu.]

Sie alle haben in den vergangenen Wochen auf ihren Facebookseiten und anderen Social-Media-Plattformen etliche Herzen, hochgestreckte Daumen und Smileys von wohlmeinenden Menschen gesammelt. Das mag sich ja gut anfühlen, vor allem für diejenigen, die so mal schnell per Knopfdruck ihre Solidarität ausdrücken.

Aber es reicht nicht. Wenn wir den Einzelhändlern in unserem Kiez wirklich beistehen wollen, müssen wir uns das auch etwas kosten lassen.

Jetzt sind wir als Nachbarn und Kunden gefragt

In guten Zeiten kann man leicht vergessen, wie sehr die kleinen Geschäfte die Infrastruktur unserer Kieze prägen. Irgendwie kommen sie ja über die Runden, trotz der Konkurrenz durch Amazon, Shoppingmalls und Discounter.

Doch plötzlich zeigt sich, wie fragil viele Existenzen sind, denn nennenswerte Rücklagen hat kaum einer dieser Läden. Vorübergehend können viele von ihnen auf staatliche Hilfen hoffen – aber die dürften nur kurze Zeit reichen.

Hinweise wie dieser an einem Teeladen in Prenzlauer Berg finden sich derzeit vor vielen Geschäften.
Hinweise wie dieser an einem Teeladen in Prenzlauer Berg finden sich derzeit vor vielen Geschäften.

© Lars von Törne

Dazu kommt, dass viele Ladeninhaber ja gar keine Almosen erwarten, sondern ihr Geschäft am Laufen halten wollen. Deswegen sind jetzt wir als Nachbarn und Kunden gefragt. Zumindest diejenigen von uns, die die Krise bisher noch nicht arm und arbeitslos gemacht hat.

Wie man helfen kann, lässt sich leicht ermitteln. Viele Geschäfte haben Zettel an ihren Türen, auf denen steht, welche Dienste sie noch anbieten, wie man ihre Waren bestellt und ob man sie dann zu bestimmten Zeiten abholt oder geliefert bekommt.

Wer so wenig wie möglich vor die Tür gehen will, kann die Läden der Nachbarschaft auch virtuell abklappern: Einfach auf Google Maps die eigene Adresse eingeben, dort sind die meisten Geschäfte der Umgebung verlinkt. Und fast alle Läden haben auf ihren Websites oder Facebookseiten Informationen zum aktuellen Stand der Lage.

Auf diese Weise habe ich eben vor dem Schreiben dieses Artikels schnell noch etwas bei meinem Lieblingsbuchladen gekauft. Der liefert per Moped und Fahrrad vor die Haustür. Und dann ein virtueller Abstecher zum Lieblingsrestaurant, um das Mittagessen zum Abholen zu ordern ... verdammt! In dem Fall war die Coronakrise schneller als ich. Das Restaurant hat bis auf Weiteres geschlossen.

Aber es bietet immerhin Gutscheine zum Kauf an, die man nach dem Ende des Ausnahmezustandes einlösen kann. „Zusammen lassen wir uns nicht unterkriegen“, schreibt der Betreiber auf Facebook. Recht hat er.

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