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Das Berliner Landgericht, Standort Littenstraße.

© DPA

Coronavirus und Justiz: Gerichte schränken Betrieb ein, Strafsachen werden weiter verhandelt

Nicht notwendige Klagen werden vertagt, Haftsachen weiter bevorzugt: Auch die Justiz fährt herunter.

Von Fatina Keilani

Die Coronakrise erreicht die Justiz. Was nicht nötig ist, wird vertagt. Allerdings ist das nicht immer möglich. „Die Strafrechtspflege muss laufen“, heißt es aus der Justizverwaltung, „wir können ja niemanden wegen Corona aus der Untersuchungshaft entlassen.“ Haftsachen müssen also weiterhin verhandelt werden, für sie gilt das Beschleunigungsgebot.

Auch im Betreuungsrecht oder bei der Frage, ob jemand fixiert werden darf, müssen schnelle richterliche Entscheidungen möglich bleiben. Insgesamt muss der Justizgewährungsanspruch aufrecht erhalten werden, er hat Verfassungsrang.

Landgerichtspräsident Holger Matthiessen schrieb allen Bediensteten, es gebe bisher keinen Fall von Corona am Gericht. Alle seien aufgerufen, Vorsichtmaßnahmen zu ergreifen. Wer in einem Risikogebiet im Urlaub war, solle 14 Tage zuhause bleiben, ebenso wer Kontakt zu einer positiv getesteten Person hatte.

Die Anwaltszimmer bei den Gerichten sind seit Montag geschlossen. Laut Berliner Rechtsanwaltskammer hat die Senatsjustizverwaltung den Anwälten mitgeteilt, dass „unter Beachtung des Justizgewährungsanspruches die Anwesenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Gerichten auf das erforderliche Mindestmaß zurückgeführt wird“.

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Verhandlungstermine werden aufgehoben

Nicht zwingend jetzt erforderliche Verhandlungstermine sollen verlegt werden. Verlegungsanträgen der Parteien soll – soweit möglich – gefolgt werden. Die Behandlung von Haftsachen sowie die Durchführung von Fortsetzungsterminen seien gewährleistet. Zu lange Unterbrechungen im Strafprozess führen zu dessen Ende und sind daher zu vermeiden.

Wird verhandelt, so hat der Richter die Sitzungshoheit nach dem Gerichtsverfassungsgesetz und kann zum Beispiel anordnen, dass die Stühle im Sitzungssaal in einem bestimmten Abstand voneinander aufzustellen sind. Ein Richter am Hagener Amtsgericht hatte kürzlich angeordnet, dass im Saal Atemschutzmasken zu tragen sind. Dass er das kann, ist Ausdruck der richterlichen Unabhängigkeit.

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Die Hauptverhandlung gegen den 52-jährigen Polizeibeamten Peter G. wegen fahrlässiger Tötung der 21-jährigen Fabien Martini wird erst später eröffnet; an sich hatte sie an diesem Dienstag beginnen sollen. Die Anklage wurde zugelassen, doch hat das Gericht Bedenken, ob sich das Verfahren mit vielen Zeugen unterbrechungslos durchführen lässt. Aufgehoben ist auch die für diesen Dienstag am Landgericht angesetzte Verhandlung über die Klage aus Urheberrechtsverletzung wegen der geplanten Umgestaltung der Hedwigskathedrale.

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