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Die Guten ins Körbchen. Rund um Berlin finden Sammler jetzt viele Maronen und auch manchen Steinpilz. Die besten Plätze für die Suche werden nicht verraten – lieber kehrt man selbst dahin zurück. Foto: p-a/dpa

© picture alliance / ZB

Berlin: Da sammelt sich was

Sie werden wieder mehr, die Waldstreuner mit starrem Blick zum Boden. Und für die Pilze ist das Wetter gerade ideal. Hier verraten wir, was man bei der Suche beachten muss – und wo man gut ernten kann.

Die Messer geschärft, die Körbe entstaubt und die Wanderschuhe geprüft: Mehr braucht der Pilzsammler nicht. An diesem Wochenende könnten die heimischen Wälder den ersten großen Ansturm der Einzel- und Gruppenkämpfer mit dem starren Blick auf den Boden erleben. Denn das Wetter meint es offensichtlich gut mit den Pilzen in Berlin und Brandenburg. Zuerst hat der Regen den Boden ordentlich durchfeuchtet und jetzt lassen Sonnenschein und warme Temperaturen die Pilze schnell in die Höhe sprießen.

Damit beginnt die aktuelle Hauptsaison zwar etwas später als in den Vorjahren, aber das nehmen die Pilzfreunde gern in Kauf. Der letzte Herbst zeigte sich, so erinnern sich einige vielleicht mit gemischten Gefühlen, nach einem trüben Sommer doch sehr regenreich. „In diesem Jahr dauert es bestimmt etwas länger, bis die Körbe gefüllt sind“, sagt die Pilzsachverständige Elisabeth Westphal von der Grünen Liga in Berlin. „Schließlich sind nach den trockenen Sommerwochen einige Stellen in den Wäldern noch ziemlich trocken.“ Aber das werde sich in nächster Zeit sicher ausgleichen. Wichtig seien jetzt vor allem steigende Temperaturen. Für den heutigen Sonntag werden auch für die Sammler angenehme 14 Grad vorhergesagt.

Die Pilzfreunde können es offenbar gar nicht mehr abwarten, bis sie sich endlich wieder hinaus in die Wälder begeben können. Schon am frühen Morgen parkten in den letzten Tagen beispielsweise Autos an Waldeinfahrten und Parkplätzen rund um den Liepnitzsee im Nordosten Berlins oder am Grunewald im Südwesten. Selbst in der S-Bahn fallen Pilzsammler dank des Korbes auf dem Fahrradgepäckträger leicht auf. Plastik- oder Stoffbeutel eignen sich übrigens gar nicht zum Aufbewahren der wertvollen Ernte. Darin schwitzt sie zu schnell und verfault.

Doch auf den Anfänger warten noch mehr Fallen, wie ein Gespräch mit einem erfahrenen Sammler in der Nähe des Gorinsees gleich hinter Berlin-Buch zeigt. „Viele schauen beim ersten Mal nur entlang der Wege und auf freien Flächen“, meinte der Mittfünfziger. „Doch dort ist es für die Pilze viel zu hell. Ebenso wenig Erfolg bringt die Suche zwischen Heidelbeer-Sträuchern, dichtem Gras oder Farnen.“ Er jedenfalls zeigte mit Stolz auf den Inhalt seines Korbs: Maronen, Birkenpilze, Rotfußröhrling und sogar ein Steinpilz lagen nebeneinander. Der Steinpilz allerdings mache sich in diesem Jahr noch sehr rar. Der Mann berichtet, sein Exemplar habe zwischen Kiefern und auf Moos gestanden.

Den genauen Standort verrät er natürlich nicht. Jeder regelmäßige Sammler schwört auf sein Revier, das er niemandem zeigt. Manche Familie halten die Orte für so wertvoll, dass die genauen Wege zu den besten Plätzen nur vererbt werden. Wie viele Zeitgenossen diese Geheimnisse hüten, lässt sich gut an merkwürdigen Zick-Zack-Kursen mancher Pilzsammler beobachten. Da versuchen einige mit Tempo oder ganz langsamen Schritten ihre Verfolger abzuschütteln, während andere noch zusätzliche Haken drehen und sich dann verstecken. Das gleiche Spiel gibt es dann auf dem Rückweg, schließlich will man ja einige Tage später noch einmal zum Lieblingsplatz zurückkehren. Niemand soll ihn vorher abgeräumt haben.

Ganz anders geht es natürlich auf den geführten Pilzexkursionen zu, die auch in dieser Saison in mehreren Regionen rund um Berlin angeboten werden. Da führen Elisabeth Westphal und andere Kenner meistens Laien durch die Wälder, die Kurse für die nächsten Wochen sind bereits ausverkauft. Bei den Wanderungen steht weniger die Suche nach ertragsreichen Revieren im Vordergrund, sondern vielmehr die nicht ganz unerhebliche Unterscheidung zwischen essbaren und giftigen Pilzen.

Dabei gibt es nur eine sichere Methode: Erfahrung. Die einstmals sehr verbreitete Technik, in den Pilz zu schneiden oder ihn zu drücken und dann auf eine mögliche Blaufärbung als Zeichen der Giftigkeit zu warten, hat sich längst erübrigt. Auch der Hexenröhrling oder die beliebten Maronen zeigen mal blaue Stellen, ohne ungenießbar zu sein.

Deshalb sollten sich Anfänger am besten wie die Könner verhalten: In der ersten Saison nur eine Art aussuchen und sich dann Jahr für Jahr steigern. So gehen nach der Erfahrung der Expertin Elisabeth Westphal auch die meisten jungen Leute vor. „Deren Zahl hat sich unter den Pilzsammlern erfreulicherweise erheblich vergrößert“, erzählt sie. „Man sieht sie sowohl mit Pilzbüchern als auch mit dem Smartphone durch die Wälder streifen.“ Damit dürfte die nach der Reaktorkatastrophe von 1986 in Tschernobyl in der Sammlergemeinde gerissene Lücke wieder geschlossen sein. Damals hatten viele Menschen aus Angst vor der radioaktiven Belastung von Pilzen Abstand genommen. Den Kindern aber fehlte dadurch jegliche Erfahrung des Vergnügens, durch den Wald zu streifen und Pilze zu sammeln.

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