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Berlin: „Dann ist das Geld weg“

Sollte die Wohnungsbaugenossenschaft „Eigentum 2000“ Pleite gehen, verlieren 960 Mitglieder ihre Anteile. Ein Besuch bei den Mietern in Marzahn

„Die sind dann wohl futsch.“ In Waltraud Rackows Worten schwingt Hilflosigkeit mit. 750 Euro, einfach weg. Für 750 Euro hatte die 72-Jährige bei ihrem Einzug in die Zweizimmer-Wohnung an der Märkischen Allee in Marzahn Genossenschaftsanteile erworben. Wie der Tagesspiegel berichtete, droht der Wohnungsbaugenossenschaft Eigentum 2000, die in der Gegend zwischen Mehrower Allee und Wuhlheide 1263 Wohnungen besitzt, die Insolvenz. Es sei denn, das Land Berlin hilft mit einem Zuschuss von 5,8 Millionen Euro aus. Nur dann würde die Investitionsbank Berlin (IBB), bei der die Genossenschaft in der Kreide steht, in den nächsten Jahren stillhalten. Kommt es zur Insolvenz, wird eine Landesbürgschaft von maximal 29 Millionen Euro fällig.

Unter den Bewohnern der Märkischen Allee 284 herrscht Unsicherheit. Viele wissen von der schwierigen finanziellen Lage der Eigentum 2000 noch nichts. Andere haben „schon so was gehört“. Brigitte H. ist gerade innerhalb des Wohnblocks umgezogen und hat von der Geldnot der Genossenschaft in der Zeitung gelesen – kurz nachdem sie den neuen Mietvertrag unterschrieben und mit der Einzahlung ihrer Anteile begonnen hatte. Jetzt hat sie genug mit der Einrichtung ihrer neuen Bleibe zu tun. „Ein komisches Gefühl habe ich aber schon“, sagt die 50-Jährige.

Rentner Siegfried F. wohnt seit 1988 im Haus. Für 55 Quadratmeter zahlt er 377 Euro. Die Mieterhöhung um 50 Euro nach der Sanierung des gesamten Gebäudes vor wenigen Jahren hielt er für angemessen. Der 72-Jährige hat sich mit rund 5000 Euro in die Genossenschaft eingekauft. Und auch er schiebt lapidar hinterher, womit er im Falle der Insolvenz rechnet: „Dann ist das Geld weg.“ Im Übrigen habe sich die Genossenschaft immer gut um die Belange der Mieter gekümmert.

Waltraud Rackow blättert in der Satzung der Eigentum 2000. In Paragraf 19 steht: „Mitglieder haften der Genossenschaft mit den übernommenen Anteilen. Sie haben im Falle der Insolvenz keine Nachschüsse zu leisten.“ Auf Deutsch: Nur das eingezahlte Geld bekommt der Mieter nicht wieder, nachzahlen muss er nicht. „Naja, das ist ja schon mal was“, sagt Waltraud Rackow und lacht über ihren eigenen Fatalismus. Sie bestätigt, dass die Eigentum 2000 bereits im Sommer auf der Mitgliederversammlung über Finanzprobleme und eine Veränderung der Kreditbedingungen mit der Investitionsbank berichtet habe.

Rund 160 Mitglieder waren laut Horst Riese, Vorstand der Genossenschaft, auf dieser Versammlung. Seitdem wurden die Mieter und 960 Mitglieder nicht mehr informiert. „Wir wollten die Mieter nicht unnötig verunsichern. Wir sind weiterhin zahlungsfähig“, sagt Riese. Jetzt wolle man aber die Mieter und Mitglieder über den Stand der Dinge unterrichten. Er sei zuversichtlich, dass auf der Sondersitzung des parlamentarischen Hauptausschusses am 22. Dezember eine Lösung gefunden werde.

Philipp Wittrock

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