zum Hauptinhalt

Berlin: Darf Ibrahim N. bleiben? Behörde meint, Abschiebung des jungen Syrers wäre rechtens gewesen

Fast vier Jahre lang hat er in Berlin gelebt. Am vergangenen Dienstagabend sollte der 16-jährige Ibrahim N.

Fast vier Jahre lang hat er in Berlin gelebt. Am vergangenen Dienstagabend sollte der 16-jährige Ibrahim N. am Flughafen Tegel abgeschoben werden: Sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis war, wie berichtet, endgültig abgelehnt worden. Ein ganz normaler Fall, so scheint es. Tatsächlich sorgt der junge Araber, seit seine Anwälte die Abschiebung in letzter Minute und unter Mithilfe Walter Mompers stoppen konnten, für immer mehr Aufsehen. "Wir prüfen die strafrechtliche Relevanz des Vorgangs", sagt Isabelle Kalbitzer, Sprecherin der Innenverwaltung. Die Anwälte hätten dem Grenzschutz eine Fristversäumnis der Behörden vorgehalten, die gar keine gewesen sei.

Hintergrund des Konflikts: Am 11. Februar hatte das Verwaltungsgericht einen Antrag Ibrahims auf vorläufigen Rechtsschutz vor der Abschiebung abgelehnt. Gegen diesen Beschluss konnte bis zum 25. Februar beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Beschwerdezulassung beantragt werden. Da die Verwaltung die Abschiebung jedoch am 22. Februar vollziehen wollte, sieht Anwältin Hildegard Czwella ein Fehlverhalten der Behörde und pocht auf eine Bestimmung im Ausländerrecht, derzufolge eine Abschiebung mindestens eine Woche im Voraus angekündigt werden soll. Auch wenn es sich um eine Kann-Bestimmung handele, so sei sie in diesem Falle bindend gewesen, da die Ausländerbehörde im Oktober 1998, als Ibrahim schon einmal abgeschoben werden sollte, rechtzeitig Mitteilung gemacht habe. "Damit ist ein Vertrauenstatbestand erfüllt." Isabelle Kalbitzer hingegen betont, dass die Frist bis zum 25. Februar keine aufschiebende Wirkung gehabt habe. Außerdem sei die Beschwerde durch die Anwälte noch am Dienstag beantragt und vom OVG abgelehnt worden. "Es hat keinen Fehler gegeben. Die Abschiebung wäre rechtens gewesen."

Kinderrechtlerin Sibylle Salameh, die sich ebenfalls für Ibrahim einsetzt, hält das Ausländerrecht für "unmenschlich". So sähen Familiengerichte bei Kindesentzug schon nach sechs Monaten aus psychologischen Gründen von einer Rückführung ab - Ibrahim aber halte sich schon seit vier Jahren in Deutschland auf und solle abgeschoben werden. Dabei wolle ihn seine Tante, bei der er lebt, adoptieren - mit dem Einverständnis seiner Eltern, die aus gesundheitlichen Gründen nicht für ihn sorgen könnten. "Auch die UN-Kinderrechtscharta fordert, dass das Wohl des Kindes im Vordergrund aller Erwägungen stehen muss." Ausländerbeauftragte Barbara John sagte unterdessen, dass sie in der Härtefallkommission des Abgeordnetenhauses durchaus noch Chancen für Ibrahim sehe.

jmw

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false