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Berlin: Das Auto krall ich mir: Finanzamt legt säumige Zahler still

Soll die Behörde mit Wegfahrsperren gegen Steuersünder durchgreifen? Pro & Contra

Knallgelb ist die Kralle, die das Autorad blockiert. Dazu prangt auf der Scheibe der Fahrertür ein gut sichtbarer roter Aufkleber: „Das Kfz ist blockiert. Nicht in Betrieb setzen. Bitte melden Sie sich bei der Stadtkasse.“ Jedem kann also auffallen, dass mit dem Fahrzeug etwas nicht stimmt. Auf diesen Effekt der sozialen Kontrolle setzt auch die Stadtverwaltung in der nordrhein-westfälischen Kleinstadt Wülfrath, die seit über einem Jahr mit Hilfe der Wegfahrsperre säumige Steuerzahler zur Begleichung ihrer Schulden animieren möchte.

Knallgelb wird auch in Berlin die Wegfahrsperre sein und rot der Aufkleber. Aber dass die Kralle hier sozusagen als moderner Pranger gebraucht werden kann, hält der Sprecher der Berliner Finanzverwaltung, Claus Guggenberger, für ausgeschlossen: „Das ist in einer Kleinstadt anders.“ Auf diesen Effekt wolle man auch gar nicht setzen.

Vielmehr erhoffe man sich durch den am Montag startenden Modellversuch mit der Parkkralle, dass den säumigen Steuerzahlern ihr Auto so wichtig ist, dass sie deswegen zügig ihre Schulden begleichen. Um das klarzustellen: Es geht dabei nicht um Parksünder, die zum Beispiel keinen Parkschein gekauft haben, sondern um Leute, die dem Staat Geld schulden und einfach nicht zahlen. Es muss auch nicht unbedingt die Kfz–Steuer sein, die geschuldet wird, sondern kann genauso gut etwa die Umsatz-, Gewerbe- oder Lohnsteuer sein.

Die Finanzämter von Kreuzberg, Treptow/Köpenick, Hellersdorf/Marzahn und das Finanzamt für Körperschaften dürfen künftig mit einer Parkkralle die Autos von Schuldnern festsetzen. Aufgrund der Erfahrungen in anderen Großstädten wie Köln oder Hamburg hat sich der Senat zu dieser Maßnahme entschlossen. In den anderen Städten stieg die Zahlungsmoral erheblich, nachdem den Fahrzeughaltern bewusst wurde, dass es auch an ihre Autos gehen könnte. Guggenberger hält das für einen ganz normalen Vorgang. Andere Sachen würden ja auch gepfändet, und so sei das Festsetzen des Autos praktisch eine gewöhnliche Sachpfändung.

Dass durch das öffentliche Anbringen der Wegfahrsperre rechtswidrig gegen datenschutzwürdige Belange der Betroffenen verstoßen wird, glaubt die Verwaltung nicht. Die herrschende Rechtsprechung bewerte das Recht der Behörden, ihre Schulden einzutreiben, als das höhere Rechtsgut.

Der Berliner ADAC hingegen lehnt nach Angaben von Sprecherin Maike Pannier das Projekt ab. Durch die Kralle und den Aufkleber werde der Halter als Steuersünder gebrandmarkt: „Wir haben zwar Verständnis dafür, dass die Steuerbehörde ihre Schulden eintreiben will, aber dies darf nicht durch Nötigung und Erpressung geschehen.“

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