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Berlin: Das Berlin-Spiel: Investoren verschrecken

Keine Hochhäuser mehr am Alexanderplatz? Bei Investoren haben die Beschlüsse der künftigen rot-roten Koalition, kurz vor dem Abschluss von Grundstücksverhandlungen die Projekte erneut auf den Prüfstand zu stellen, Unruhe ausgelöst.

Keine Hochhäuser mehr am Alexanderplatz? Bei Investoren haben die Beschlüsse der künftigen rot-roten Koalition, kurz vor dem Abschluss von Grundstücksverhandlungen die Projekte erneut auf den Prüfstand zu stellen, Unruhe ausgelöst. Die CDU sprach von Provinzialismus, FDP-Landeschef Günter Rexrodt warf der PDS vor, sie wolle anstelle weltstädtischer Metropolenarchitektur die "Kiez-Atmosphäre mit dem Mief der DDR" bewahren. Auch die Zurückhaltung der Koalitionäre zum Schlossplatz wird von der Opposition kritisiert. Mitglieder der Schlossplatz-Kommission, die am Mittwoch zusammenkommt, fürchten, dass ihre Empfehlungen zur künftigen Nutzung und Gestaltung des Geländes wegen fehlenden Geldes nicht mehr ernst genommen werden. In der Kommission zeichnet sich eine Mehrheit für ein schlossähnliches Gebäude ab. Vor allem aber die Beschlüsse zur Alex-Bebauung wirkten überraschend, weil die Planungen schon weit vorangeschritten sind. "Der Wille zu Hochhäusern ist nach wie vor ungebrochen", versicherte Bodo Fuhrmann, der Sprecher der Investoren vom Alex. Über die Ankündigung der rot-roten Koalitionäre, die Hochhaus-Planung zu überdenken und möglicherweise abzuspecken, sei man "nicht glücklich". Fuhrmann wies auf die Grundstückskaufverhandlungen mit dem Land Berlin hin, die kurz vor der Vertragsunterzeichnung stünden und und bei denen es um zusätzliche Flächen für die Hochhaus-Projekte gehe. Auch soll der Bau einer Tiefgarage am Forum-Hotel vorbereitet werden. Wenn der Senat nun von der seit langem vereinbarten Planung abrücken wolle, sei das "ungeschickt und nicht gut für Berlin". So könne man Investoren verschrecken, hieß es. Ihm seien die städtebaulichen Verträge bekannt, "wir stellen nichts in Frage", versicherte dagegen SPD-Landeschef und Stadtentwicklungssenator Peter Strieder. Er rechne sogar damit, dass die Hochhausplanung am Alexanderplatz "in überschaubaren Zeitabständen realisiert werden kann". Bei den Koalitionsgesprächen habe man aber den Finanzexperten die Sicherheit geben wollen, dass sich das Land nicht mit Vorleistungen für Straßen, Leitungen und öffentlichen Flächen an Projekten beteilige, die letztlich von Investoren gar nicht gewollt seien. Wenn die Bauherren die Hochhäuser aber weiterhin für wirtschaftlich hielten, werde sich das Land nicht sperren.

Ob die PDS da mitzieht, ist allerdings fraglich. Ihr Abgeordneter Thomas Flierl, während der Koalitionsgespräche mit der SPD federführend beim Thema Stadtentwicklung, war schon als früherer Baustadtrat von Mitte vehementer Gegner der vorgesehenen acht Hochhäuser. Aber verhindern konnte er sie auf dem Papier nicht, das Abgeordnetenhaus beschloss die Bebauungspläne. Zumindest sechs der Türme mit Büros, Hotels und Wohnungen sind planungsrechtlich fixiert, für sie besteht Baurecht. Flierl wies gestern auf die allgemein schlechte ökonomische Lage und "ein neues Verhältnis zu Hochhäusern" nach den Terroranschlägen vom 11. September hin, die eine psychologische Zurückhaltung rechtfertigten. "Unsere Sorge ist, dass letztlich nur drei Hochhäuser gebaut werden und von der Alex-Planung ein Torso bleibt". Man werde auf die Investoren zugehen und fragen, ob ihre Türme möglicherweise dem Bedarf angepasst werden müssten. Auf jeden Fall sollten die Bauherren "Umsetzungsszenarien" und Zeitpläne vorlegen. Er habe den Eindruck, dass einige Planungen kaum realistisch seien oder "sehr zurückhaltend" verfolgt würden. Die Entscheidung, wie man künftig auf dem Alexanderplatz bauen dürfe, sei - unabhängig von der planungsrechtlichen Lage, die bis zu 150 Meter hohe Häuser ermögliche - ein "politischer Prozess", sagte Flierl.

Auf politische Entscheidungen hofft die Experten-Kommission Historische Mitte, die in Kürze Empfehlungen für die künftige Bebauung des Schlossplatzes abgeben wird.Dass die künftige Koalition mit dem Hinweis auf fehlende Haushaltsmittel eine Beteiligung ablehnt, hat in der Kommission Enttäuschung ausgelöst. Da man auch fürchtet, dass sich der Bund in Berlin finanziell nicht beteiligt, sieht man die Ergebnisse der Expertenkommission "wegsacken". Am Mittwoch wird vermutlich neben dem Nutzungskonzept (Museen, Bibliotheken, öffentliche Räume) und den Flächen-Ansprüchen auch die Architektur diskutiert, wobei die Mehrheit der Experten für eine "Interpretation" des früheren Stadtschlosses ist.

Aber ohne öffentliches Geld wird sich kein Projekt durchsetzen lassen. FDP-Landeschef Rexrodt meinte gestern, die künftige Berliner Koalition wolle offenbar beim Schlossplatz Zeit gewinnen, die PDS speziell Zeit für den Palast der Republik.

Christian van Lessen

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