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Berlin: Das Geisterhochhaus

Die „Pyramide“ sollte ein Vorzeige-Objekt werden. Gut ausgelastet war sie nie. Jetzt ermitteln Staatsanwälte wegen Anlagebetrugs

Keine Kopierer, keine Schreibtische in den Büros hinter den versperrten Glastüren. Stattdessen findet man auf den meisten der 23 Etagen Leere in Variation: blanken Estrichboden, abmontierte Telefonleitungen. An einigen Türen kleben die Logos von Firmen, die es hier nicht mehr gibt. Im elften Stock vervielfacht eine verspiegelte Bürotür die pyramidenförmigen Etagenflure, das Sinnbild einer Millionenpleite.

285 Millionen Mark hat der 1995 eröffnete Büroturm „ Pyramide“ in Marzahn gekostet, finanziert von Fondsanlegern. Nach neun Jahren ist nur jedes vierte der rund 50 Büros im „Bauteil I“ vermietet. Laut einem Bericht des „Manager-Magazins“ ist der Fonds inzwischen praktisch pleite. Und jetzt ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft, ob die Marzahner „Pyramide“ bald auch für Betrug steht. Der Verdacht: Der Projektplaner Anno August Jagdfeld, der in Köln und Berlin lebt, soll Anleger getäuscht haben. Die Staatsanwälte prüfen eine Anzeige des Rechtsanwalts Heinz Gussen. „Die Anleger sind mit falschen Angaben über die wirtschaftlichen Chancen des Fonds gelockt worden. Die im Prospekt angegebenen Mieten waren bei der Pyramide nie zu erzielen“, sagt Gussen. Zudem habe Jagdfelds Firma Fundus behauptet, 80 Prozent des Gebäudes seien an Großunternehmen vermietet, „obwohl dies nicht stimmte“. Um Interessenten für seinen Fonds zu gewinnen, soll Jagdfeld außerdem in einem Prospekt die vermietbare Bürofläche in dem 97 Meter hohen Turm um 15 Prozent zu hoch ausgewiesen haben. Die Anleger wollen nun ihr Geld zurück. Gussen kündigte Klagen von Anlegern vor Zivilgerichten an.

Bei Jagdfelds Firma Fundus gibt man sich gelassen. „Die Vorwürfe sind unbegründet", sagt Sprecher Johannes Beermann. Fast jedes Immobilienprojekt in Berlin nehme aufgrund der Krise am Markt weniger ein, als Anfang der 90er Jahre erwartet. „Die im Fundus-Prospekt bezifferte Mietfläche wurde nach den Standards der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschungen (Gif) errechnet. Eine gesetzlich festgelegte Norm für Gewerbeflächen gibt es nicht.“ Dass in der Frage des Vermietungsstandes getäuscht worden sei, weist Beermann zurück. „Ein entsprechendes Verfahren hat die Staatsanwaltschaft schon einmal eingestellt.“ Nur aus formellen Gründen, nach der Beschwerde des Rechtsanwaltes, habe die Behörde die Ermittlungen wieder aufgenommen.

Der juristische Streit kommt für den Fonds-Multi Jagdfeld zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Er sammelt gerade Kapital, mit dem er das Hotel Adlon am Brandenburger Tor erweitern will. Frisches Geld braucht er auch, um den nächsten Abschnitt der „Weißen Stadt" in Heiligendamm zu errichten. An der Ostsee baut Fundus einen Luxushotel-Komplex der Superlative, dem internationale Immobilienexperten vor wenigen Wochen den begehrten Immobilien-Oscar „Mipim-Award" verliehen.

Anlegern, die sich am Fundus-Fonds für die „Pyramide" beteiligt haben, erscheinen solche Auszeichnungen wie ein Hohn. Denn die im Fundus-Prospekt versprochenen Ausschüttungen bleiben weiterhin aus. Ein Großanleger, der gut eine Million Euro zum Erwerb von Pyramiden-Anteilen auf Kredit beschafft hatte, hat deswegen inzwischen privat die Insolvenz angemeldet. Nach Angaben von Fundus decken die Einnahmen des insgesamt zu knapp 60 Prozent vermieteten Komplexes gerade die Kosten.

Allerdings stützen die Banken den Fonds: Die Geldhäuser verzichten derzeit auf Zinsen und Tilgungen für ihre Millionenkredite. Aus Kulanz. Eine vertragliche Grundlage hierfür gibt es laut Fundus nicht.

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