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Berlin: Das Gesetz kennt keine Kannibalen

Armin M. wird wegen Mordes angeklagt. Er wird auf jeden Fall lange nicht in die Freiheit zurückkehren

An Kannibalismus haben die Verfasser des Strafgesetzbuchs schlicht nicht gedacht. Mord, Totschlag – dafür gibt es Paragraphen. Aber das Verspeisen einer Leiche? „Das ist strafrechtlich nicht erfasst“, sagt Oberstaatsanwalt Hans-Manfred Jung aus Kassel. „Einen Fall wie diesen hat es noch nicht gegeben, es existiert dazu auch keine Rechtsprechung.“ Jungs Behörde ist zuständig für die Ermittlungen in dem spektakulären Fall des 41-jährigen Armin M. aus Rotenburg an der Fulda, der einen 42-jährigen Berliner mit dessen Einverständnis tötete, zerstückelte und zum Teil verspeiste.

Dass das Opfer mit dem Verbrechen einverstanden war, wird die Strafe nicht mildern. „Eine Einwilligung kann zwar in bestimmten Fällen ein Rechtfertigungsgrund sein“, sagt Jung. „Das gilt aber nicht, wenn die Tat gegen die guten Sitten verstößt.“ Wenn ein Geschlechtsteil abgeschnitten und ein Mensch aufgegessen werde, könne von Sittenwidrigkeit ausgegangen werden.

Auch die Befürchtung, statt eines Mordes könnte eine bloße „Tötung auf Verlangen“ vorliegen und der Kannibale schon bald wieder frei herumlaufen, ist unbegründet. Der Haftbefehl wurde wegen Mordes erlassen, und darauf steht lebenslänglich. Das Strafgesetz regelt zwar auch die „Tötung auf Verlangen“, für die eine Höchststrafe von fünf Jahren vorgesehen ist. Diese Fälle drehen sich aber meist um die so genannte aktive Sterbehilfe. Voraussetzung ist das „ausdrückliche und ernstliche Verlangen“ des Getöteten, zu sterben. Für den Täter ist entscheidend, dass er dem Opfer dabei helfen will, zum Beispiel um einem Schwerstkranken unnötige Qualen zu ersparen. „Armin M. war aber nicht getrieben von dem Willen zu helfen, sondern von seiner Lust am Töten und von seiner Lust, Menschenfleisch zu essen“, sagt Jung. Und eine bloße Einwilligung sei auch nicht ausreichend für das Merkmal „ernstliches Verlangen“.

Bisher wird davon ausgegangen, dass Armin M. voll schuldfähig ist. Deshalb wurde er ganz regulär in Untersuchungshaft genommen und nicht in die Psychiatrie eingewiesen. Ein psychologisches Gutachten folgt. Wenn dieses zu einem anderen Ergebnis kommt, könnte M. doch noch in der Psychiatrie landen, falls man ihn für therapierbar hält. Anderenfalls wird er regulär verurteilt. Hält das Gericht es für erforderlich, die Allgemeinheit vor ihm zu schützen, ordnet es außerdem Sicherungsverwahrung an. So wie neulich auch im Fall des Sexualverbrechers Frank Schmökel.

Fatina Keilani

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