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Berlin: Das Hanfmuseum im Nikolaiviertel besteht seit fünf Jahren und dokumentiert das Für und Wider um die Pflanze

"Der Hanf ist nebst dem Flachse eines der nützlichsten Gewächse, womit der gute Gott die Erde segnet." So heißt es noch 1802 in einem Lehrbuch für Mädchenschulen.

"Der Hanf ist nebst dem Flachse eines der nützlichsten Gewächse, womit der gute Gott die Erde segnet." So heißt es noch 1802 in einem Lehrbuch für Mädchenschulen. Selbst in Kinderbüchern waren Darstellungen der alten Kulturpflanze zu dieser Zeit weit verbreitet, sagt Sabine Rädler vom Hanfmuseum, das am 6. Dezember fünfjähriges Bestehen feiert.

Erst als er durch neue Verarbeitungsverfahren zur Konkurrenz für Produkte der Chemie-, Pharma- und holzverarbeitenden Industrie wird, beginnt in den dreißiger Jahren der Kampf gegen den Hanf. Als Chef der US-amerikanischen Rauschgiftbehörde entfachte Harry Anslinger im Auftrag der industriellen Interessenten einen Kreuzzug. Aus Hanf werde das "starke Rauschgift Marihuana" gewonnen, in dem "Mord, Wahnsinn und Tod" lauerten, hieß es in den Zeitungen.

Der Anbau der "Mörderpflanze" ist seit 1937 in den USA verboten - die meisten anderen Länder der Erde folgten diesem Vorbild. In Ostdeutschland dagegen wurde Hanf noch bis zur Mitte der siebziger Jahre angebaut. Und in Brandenburg begann nach der Wende ein regelrechtes "Comeback" der Pflanze - allerdings in einer Version, die nur Spuren des psychoaktiven Tetrahydrocannabinol (THC) enthält.

Das Hanfmuseum macht sich für die vielseitige Pflanze stark. Am 1. Dezember 1994 hatten die Aktivisten des "Hanf e. V." den Mietvertrag für die Räume im Nikolaiviertel unterschrieben, in denen zuvor das Handwerksmuseum untergebracht war. Informiert wird dort vor allem über die zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten: Ohne Seile, Taue und Segel aus Hanf seien die Seefahrten der großen Entdecker überhaupt nicht möglich gewesen. Inzwischen gewinnt Hanf als Dämmstoff für den Hausbau immer mehr Bedeutung. Als Mischgewebe mit anderen Stoffen wird er sogar in der Raumfahrt verwendet. Vor über 400 Jahren druckte Gutenberg seine Bibel noch auf Hanfpapier. Unter den derzeitigen Bedingungen wäre die massenhafte Herstellung von Hanfpapier allerdings zu teuer - mit einer Ausnahme: "Blättchen" für Zigaretten. Sie zählen ebenso zur Produktpalette des Museums wie Kosmetika, Öle und Getränke.

Der Wirkstoff THC kann in der Medizin gegen Schmerzen und Depressionen eingesetzt werden. Eine Auseinandersetzung mit dem Verbot des Stoffs, der Grundlage für Haschisch und Marihuana ist, geschieht in weiteren Räumen. Dokumentiert werden die Folgen des Verbots und die jahrelangen Streitigkeiten mit der Justiz. Daneben bietet das Museum aber noch anderes: Die Zettelwand des für seinen Haschischkonsum bekannten Kabarettisten Wolfgang Neuss und die einzigen legalen Hanfpflanzen Berlins - hinter Glas.Hanfmuseum, Nikolaiviertel, Mühlendamm 5, Tel. 242 48 27, dienstags bis freitags 10 bis 20, sonnabends und sonntags 12 bis 20 Uhr. Montag geschlossen - außer am kommenden, dem Jubiläumstag: 12 bis 24 Uhr. Eintritt 5 Mark.

Hartmut Lorenz

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