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Berlin: Das ICC bleibt am Netz

Schadet die Abriss-Debatte? Politiker beruhigen Veranstalter

Sind Berlins Kongressgäste tief verunsichert? Verliert die Stadt nun eine fachspezifische Großveranstaltung nach der anderen, weil künftige Gäste befürchten, dass ihr gebuchter Versammlungsort gar nicht mehr existiert, wenn sie dort tagen wollen? Solche Ängste treiben die Berliner Messegesellschaft um, seit erneut über einen möglichen Abbruch des Internationalen Congress-Centrums (ICC) am Funkturm debattiert wird.

So scheiterten in der vergangenen Woche offenbar die Verhandlungen zu drei medizinische Kongressen mit zusammen mehr als 20 000 Teilnehmern, die im ICC in den kommenden Jahren geplant waren. Und aus Sicht von Messevertretern hat dieser Flop auch etwas mit der unsicheren Zukunft des ICC zu tun. Ihre Verhandlungsposition sei geschwächt gewesen.

Offiziell nennen die Kongressveranstalter allerdings andere Gründe. Zum Beispiel die Europäische Akademie der Anästhesiologen. Sie sagte ihren im ICC schon nahezu fest gebuchten Europa-Kongress 2005 vor einigen Tagen kurzfristig ab, „weil dieser Veranstaltungsort nicht mehr die Erfordernisse eines modernen Kongresszentrums erfüllt“. Es fehlten vor allem genügend Ausstellungsflächen für begleitende medizinische Firmen, sagte gestern der Präsident der Akademie und Chef-Anästhesiologe an der Uniklinik Münster, Hugo Van Aken, dem Tagesspiegel. Außerdem seien die Räume im ICC teilweise veraltet.

Damit trifft Van Aken einen wunden Punkt der Messe Berlin. Der ICC-Betreiber streitet keineswegs ab, dass etliche Säle und Räume des 1979 nach sechsjähriger Bauzeit eingeweihten Kolosses noch den Charme der 70er Jahre haben und dringend modernisiert werden müssten. Immer wieder flackerte diese Diskussion in den vergangenen Jahren auf, doch vor zwei Wochen unternahmen SPD-Fraktionschef Michael Müller und Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) nun einen vehementen Vorstoß und zogen erstmals den Abbruch des ICC ernsthaft in Betracht. Dabei verwiesen sie auf ein vom Senat beauftragtes Gutachten der Beraterfirma McKinsey, nach deren Berechnungen eine Totalsanierung des Gebäudes mindestens 140 Millionen Euro kosten würde. Beide Politiker halten diesen Aufwand für dringend geboten, will man das ICC weiter betreiben, denn es hakt aus ihrer Sicht an allen Ecken und Enden: So sind auch viele technische Einbauten veraltet, gebundener Asbest muss entsorgt werden, und an vielen Stellen wird Energie vergeudet, was die Betriebskosten unnötig hochtreibt.

Angesichts der teuren Sanierung müsse man allerdings gegenrechnen, ob ein Abbruch des ICC und der Neubau eines modernen Berliner Kongresszentrums unter dem Strich nicht günstiger kämen, betonten Wolf und Müller. Und beruhigten: Natürlich werde das ICC so lange „am Netz bleiben“, bis ein neuer Kongressbau funktionsfähig sei.

Aus diesem Grunde kann auch Berlins größter privater Kongressveranstalter Willy Kausch eine angebliche Verunsicherung künftiger Gäste nicht verstehen. „Wer einen Vertrag hat, wird doch in jedem Fall bedient.“ Kausch organisierte beispielsweise den jüngst beendeten Weltkongress der Nephrologen (Nierenärzte) in Berlin mit 11 000 Teilnehmern und stellt sich nach seinen Erfahrungen schützend vor das ICC. Viele Kongressgäste, sagt er, seien davon „sehr angetan“. Immerhin habe es Europas größten Tagungssaal und so viele Nebenräume, wie kaum ein anderes Zentrum. Es liege auch zentral und nahe an der Messe. Kausch: „Das sind Pfunde, mit denen wir wuchern können, wenn es darum geht, einen Kongress für Berlin zu gewinnen.“

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