zum Hauptinhalt

Berlin: Das Jahr des Interregnums - Viel bauen, nur wenig erwerben

Die Turbulenzen um die neuesten Ideen des Generaldirektors der Staatlichen Museen haben die Aufmerksamkeit schlagartig auf diesen größten Museumskomplex in Deutschland zurückgelenkt. Dabei schien es um die Museen und die sie tragende Stiftung Preußischer Kulturbesitz ruhig geworden zu sein: Das erste Amtsjahr ihres nach langem Interregnum bestimmten Präsidenten Klaus-Dieter Lehmann geht dem Ende zu, und die Vorhaben der Museen - insbesondere auf der Museumsinsel - sind finanziell und planerisch auf den Weg gebracht.

Die Turbulenzen um die neuesten Ideen des Generaldirektors der Staatlichen Museen haben die Aufmerksamkeit schlagartig auf diesen größten Museumskomplex in Deutschland zurückgelenkt. Dabei schien es um die Museen und die sie tragende Stiftung Preußischer Kulturbesitz ruhig geworden zu sein: Das erste Amtsjahr ihres nach langem Interregnum bestimmten Präsidenten Klaus-Dieter Lehmann geht dem Ende zu, und die Vorhaben der Museen - insbesondere auf der Museumsinsel - sind finanziell und planerisch auf den Weg gebracht.

Unter diesem Blickwinkel muss das soeben erschienene neue Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz gesehen werden. Es bilanziert nicht ganz exakt das Jahr 1998, sondern nimmt die Amtseinführung Lehmanns am 2. Februar diesen Jahres als den Wiederbeginn einer geregelten Stiftungsleitung noch in seine Chronik auf. Die Rede von Staatsminister Michael Naumann eröffnete den Reigen - und weist unübersehbar auf das Novum eines Bundeskulturministers hin, wie auch immer sein genauer Titel aufgrund verfassungsrechtlicher Vorbehalte lauten mag. Das eindeutige Bekenntnis Naumanns zur Stiftung und, politisch zählbarer, zur Aufbringung der "notwendigen Haushaltsmittel" haben die Verantwortlichen mit Genugtuung vernehmen können.

Grünes Licht für die Zukunft

Das Interim an der Stiftungsspitze hatte kein verlorenes Jahr zur Folge - zum Glück. Der Glanz der Eröffnung der neu errichteten Gemäldegalerie am Kulturforum im Juni 1998 überstrahlte das politische Patt. Zukunftsweisender noch war die Entscheidung, zu der sich der - von Bund und Ländern beschickte - Stiftungsrat im Juli durchrang: Für die Museumsinsel endlich einen Gesamtplan formell in Auftrag zu geben. Es ist dieser "Masterplan", der durch Museums-"General" Peter-Klaus Schuster derzeit neu überdacht wird.

Auch die Staatsbibliothek erhielt - im Dezember 1998 - die Billigung ihrer Zukunftsplanung, die bereits die organisationsbezogene Handschrift des damaligen Vorsitzenden der Bibliothekskommission und jetzigen Stiftungspräsidenten trägt. Ob die Festschreibung des Zwei-Häuser-Modells tatsächlich der große Wurf ist, dem dieses ins Hintertreffen geratene Institut in seiner de-facto-Eigenschaft als deutsche Nationalbibliothek verlangt, wird sich erst nach vielen Jahren beantworten lassen. Dass sich Lehmann in seinem, traditionell im ersten Drittel des Jahrbuchs zu findenden Rechenschaftsbericht nicht mit der Chronik der Ereignisse begnügt, sondern zur Zukunftsperspektive drängt, unterstreicht einmal mehr, wie überfällig die Besetzung des Präsidentenstuhls war und wie richtig die Auswahl dieses Kandidaten.

Stand schon mit der Eröffnung der Gemäldegalerie die Bautätigkeit im Mittelpunkt des Interesses, so liegt auch der Schwerpunkt des Jahrbuchs in diesem Bereich. Stephan Waetzoldt, Vor-Vorgänger Schusters als Museums-Generaldirektor (von 1965 bis 1983), lässt die Entstehung der Architekturikone der Neuen Nationalgalerie Mies van der Rohes vor dreißig Jahren Revue passieren. Bernhard Maaz gibt einen Überblick über die derzeit in Gang befindliche Instandsetzung der Alten Nationalgalerie. Ein historischer Beitrag stellt - lange schon ein Desiederat ! - das Lebenswerk Ernst von Ihnes vor, der als Lieblingsarchitekt Kaiser Wilhelms II. mit dem nachmaligen Bode-Museum und der Staatsbibliothek Unter den Linden zwei herausragende Bauten der preußischen Kulturpflege schuf.

Das Stiefkind Kulturforum

Der umfänglichste Aufsatz allerdings ist der Planungsgeschichte des Kulturforums gewidmet. Auf sechzig Seiten breitet Andrea Bärnreuther ihr Aktenstudium aus - unverzichtbar als Grundlage für jede künftige Diskussion über das Woher und Wieso des Kulturforums, aber leider in einer Diktion, die die gebotene Nüchternheit zu ihrem trockensten Extrem treibt. Nichts ist zu spüren von den leidenschaftlichen Auseinandersetzungen, die die Planungen etwa von Hans Holleins "Wassergraben" 1983 begleiteten oder die dramatische Abkehr von der zwanzigjährigen Museumsplanung Rolf Gutbrods nach dem Fiasko seines Kunstgewerbemuseums 1985 ! So lässt sich schwerlich Begeisterung wecken für das Stiefkind Kulturforum, die mit der Konzentration auf die Museumsinsel neuerlich in den Schatten des öffentlichen Interesses geraten ist.

Im Schatten steht im vorliegenden Jahrbuch der Bereich der Neuerwerbungen. Es sind wenige - zu wenige, um den Rang der Berliner Museen auf Dauer zu bewahren. Vor lauter Bautätigkeit dürfen die geldgebenden Politiker nicht versäumen, die Ankaufetats der Staatlichen Museen endlich angemessen auszustatten. Das ist nichts weniger als die - im Jahrbuch höflich unausgesprochen bleibende - Achillesferse der derzeitigen Stiftungsfinanzen.Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz, Bd. XXXV/1998. Gebr. Mann Verlag, Berlin 1999. 415 S., 117 Abb., 16 in Farbe, geb. 48 DM.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false