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Berlin: Das Prinzip Happy Hour

Wo und wann Sie in der Stadt günstig essen, einkaufen und übernachten können. Ein neuer Berlinführer gibt Tipps

Alleine diese Aussicht müsste man anderswo teuer bezahlen: Vom Casino im zehnten Stock des Kreuzberger Rathauses an der Yorckstraße 4-11 reicht der Blick bei klarer Sicht bis Wannsee. Doch hier bekommt man das Panorama gratis und eine ordentliche Hausmannskost für 2,50 bis 4,50 Euro dazu. Aber wer kennt schon dieses Angebot außerhalb des Rathauses? Es ist noch immer ein Geheimtipp, ebenso wie die Caféteria im 20. Stock des TU-Hochhauses am Ernst-Reuter-Platz 7 oder die Kantine unterm Dach des Kriminalgerichtes Moabit. Auch diese Adressen bieten für jedermann eine gute Aussicht auf Berlin und Essen zu erfreulich niedrigen Preisen.

Wer solche ungewöhnlichen Orte kennt, kann sich im neuen Jahr nach den kostspieligen Feiertagsgenüssen für wenig Geld einen schönen Tag machen – und das nicht nur in der Gastronomie. Es gibt auch viele günstige Einkaufsmöglichkeiten, Kulturerlebnisse oder Freizeitvergnügen. Dass man dabei die eigene Stadt von neuen, ungewöhnlichen Seiten erlebt, sieht die 42-jährige Autorin Ruth Bombosch „als kostenlose Zugabe“.

Zwei Jahre lang hat sie Berlin erkundet. Ihr Motto: Möglichst billig, aber qualitätsvoll und originell. Tiefstpreise alleine reichten ihr nicht aus. Auch ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis und das Ambiente waren ihr wichtig. Alles, was sie aufstöberte, hat Ruth Bombosch in einem Taschenbuch gesammelt. „Viel Berlin für wenig Geld – 1000 Low Budget-Tipps“ heißt das Bändchen, mit dem man nun selbst auf preisbewusste Entdeckungsreise gehen kann.

Der Begriff „Low Budget“ stammt aus der Filmsprache. Man bezeichnet damit eine Produktion, die ihre Qualität nicht hohen Kosten, sondern guten Ideen verdankt. Und genau das trifft beispielsweise auf Harry Lehmanns „Duftfabrik“ an der Kantstraße 106 in Charlottenburg zu oder auf die „Kesse Sohle“ an der Schönhauser Allee 111 in Prenzlauer Berg. Lehmann verkauft hochwertige Parfüme wie üblich in Flaschen, aber auch nach Gewicht, und dadurch wesentlich günstiger; im „Kesse Sohle“-Laden gibt es italienische Damenschuhe ab Fabrik. Die Inhaber holen sie direkt aus Rom, Palermo oder Bologna – ohne Zwischenhandel.

Ruth Bomboschs Recherchen beginnen schon im Internet. Da gibt es beispielsweise eine Website namens „Barverführer“, mit den Happy-Hour-Zeiten vieler Lokale (www.happyhourberlin.de). Nach diesem Stundenplan bekommt man rund um die Woche irgendwo Cocktails zum halben Preis.

Wann Museumsbesuche gratis möglich sind, beispielsweise montags im Deutschen Guggenheim Unter den Linden 13 oder mittwochs im Bröhanmuseum an der Schloßstraße 3, hat die Autorin selbst zusammengetragen. Ebenso Infos zu Billigtagen in Kinos oder zu Kulturangeboten in den internationalen Botschaften. Zum Stichwort Einkaufen und Freizeit führt sie Ökoläden, Asiamärkte und Konditoreien auf, ,Second-Hand-Läden, Zweite Wahl-Verkauf und vieles mehr, außerdem günstige Hostels, Pensionen, Radverleihe, Saunen oder Schwimmbäder.

Aber das überraschendste Low Budget-Angebot bieten wohl Firmenkantinen und die Uni-Mensen . Sie dürfen nicht werben, deshalb laufen die meisten hungrigen Berliner an ihnen vorbei, obwohl sie sich dort günstig den Magen füllen könnten – nicht überall mit den edelsten Speisen, aber immerhin mit bodenständiger Kost. Mensen sind frei zugänglich, doch auch in etlichen Kantinen braucht man keinen Betriebsausweis.

Wer allerdings zu den dampfenden Töpfen im Kriminalgericht an der Turmstraße 91 will, muss sich am Eingang wie jeder Gerichtsbesucher ausweisen. Danach bekommt er montags bis donnerstags von 7 bis 16 Uhr (freitags bis 15 Uhr) eine Tasse Kaffee für 56 Cent, Eintopf für 2,40 oder Steak mit Beilage für 4,90 Euro. „Preise wie bei Ikea“, freut sich ein Gast an der Moabiter Theke. Denn auch die Restaurants der Möbelkette sind Sparoasen – aber längst keine Geheimtipps mehr.

Das Buch: „Viel Berlin für wenig Geld“, Edition Gauglitz, ISBN: 3-933502-19-5, 9,90 Euro. Das Rathaus-Casino Kreuzberg ist Mo.-Fr. 7-15 Uhr geöffnet; die Caféteria im TU-Hochhaus Mo.-Fr. 8.30-16 Uhr.

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