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Berlin: Das Reisetagebuch des Regierenden (4)

Klaus Wowereit besucht Mexiko – heute: Die lieben Kollegen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Auch Mexiko City hat Bezirksbürgermeister. Wie ihre Kollegen in Berlin fühlen sie sich am Gängelband der Stadtregierung und fordern mehr Bürgerbeteiligung. Sie haben zu wenig Geld und zu viele Probleme. Viele von ihnen sind jung und politisch unerfahren. Was dem Sozialdemokraten Klaus Wowereit gefällt: 13 von 16 Bürgermeistern in der mexikanischen Hauptstadt gehören seit den Kommunalwahlen im Sommer der linksgerichteten PRD (Partei der Demokratischen Revolution) an. Was sie bei einem Treffen mit dem Regierenden Bürgermeister erzählen, lässt die Berliner Probleme klein erscheinen. Lassen wir zunächst Virginia Jaramillo berichten. Die junge Universitätsdozentin regiert seit dem 1. Oktober den Bezirk Cuauhtémoc im Norden der Stadt, der eine halbe Millionen Einwohner hat und noch relativ wohlhabend ist. Die teilweise verwahrloste Altstadt solle wieder aufgebaut werden. „Und wir hätten gern Radwege und Wohnungen, die leer stehen, wie in Berlin.“ Sie würde sich freuen, wenn aus der deutschen Hauptstadt mehr Experten nach Mexiko kämen, sagt Jaramillo. Als kompetente Berater. „Wir werden sie mit offenen Armen empfangen.“ Ihr Kollege Carlos Limas, ein Soziologe, der in England studiert hat und vor ein paar Monaten in Berlin war, ist Bürgermeister von Plalpan, einer armen Stadtregion im Süden. Ein kräftiger, blonder Mann im Holzfällerhemd, der die Gäste beneidet. „Sie haben so viele Wälder und Parks.“ In Mexiko City würden zu viele Bäume abgeholzt, was sich auf das Grundwasserreservoir verheerend auswirke. Zu viel Ozon und Staub in der Luft, 20000 Tonnen Abfall täglich, die auf eine zentrale Mülldeponie kommen, die spätestens 2006 überläuft – das sind die Probleme, mit denen sich die Bürgermeister hier herumschlagen. Hunderte Autodiebstähle und die Entführung von Taxi-Insassen gehören zum Alltag; drei Millionen Autos bewegen sich hupend und in verwegenem Tempo täglich durch die Straßen. Die Stadt ist umrahmt von hohen Bergen, die einen vernünftigen Luftaustausch verhindern. Und alle klagen: Das Wasser ist knapp und schlecht. So ist es kein Zufall, dass es seit 1996 eine vertraglich fixierte Zusammenarbeit mit den Berliner Wasserbetrieben gibt. Am Dienstag, auf einer Umweltschutzkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung in Mexiko-Stadt, lernte der Regierende ebenfalls viel über die Wasserprobleme. Beeindruckt hat ihn das alles schon, auch wenn seine Rede auf der Konferenz, die von vielen jungen Leuten besucht wurde, ein wenig langweilig war. Wowereit will mehr Experten als bisher schicken oder mexikanische Fachleute nach Berlin einladen. Es sei doch kleinkariert, jetzt immer seine Dienstreisen nachzuzählen, meinte er am Abend beim Gläschen Bier. „Wer solche Reisen nicht macht, wird nicht wirklich begreifen, mit welchen Problemen sich die großen Städte in der Welt herumplagen.“

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