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Berlin: Das Steuerwunder

Berlin nimmt 2007 zusätzlich 1,3 Milliarden Euro ein Neuverschuldung sinkt auf 900 Millionen Euro

Ein kleines Wunder ist geschehen. Über Berlin, das den Schock des Karlsruher Urteils noch nicht überwunden hat, geht ein warmer Geldregen nieder. Laut interner Prognose der Finanzverwaltung fließen 2006 aus Steuern und Länderfinanzausgleich 1,1 Milliarden Euro und 2007 etwa 1,3 Milliarden Euro mehr in die Kasse als im Haushalt eingeplant. Die offizielle Steuerschätzung wird zwar erst heute veröffentlicht, die Mehreinnahmen machen es aber möglich, die Neuverschuldung Berlins ab 2010 auf jährlich 900 Millionen Euro zu senken.

Die zusätzlichen Gelder werden ausschließlich für diesen Zweck verwendet, versprach der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Der Schuldenberg Berlins wird so bis 2015 „nur“ auf 65,8 Milliarden Euro steigen. Zurzeit hat die Hauptstadt 61 Milliarden Euro Schulden. Trotz der entspannten Lage „werfen wir die Kohle jetzt nicht mit vollen Händen zum Fenster hinaus“, sagte auch der PDS-Finanzexperte Carl Wechselberg. Es breche für Berlin keine Rund-um-sorglos-Ära an. Rot-Rot werde auch in den kommenden Jahren eine „sehr restriktive“ Haushaltspolitik betreiben und Mehrausgaben, etwa für die Bildung, an anderer Stelle aus dem Etat herausholen.

Auf lange Sicht, warnte Wechselberg vor euphorischen Schüben, wachse der Konsolidierungsbedarf auch wieder. Weil die Zinslast weiter steige und die Investitionszuschüsse aus dem Solidarpakt II für die ostdeutschen Länder bis 2019 von knapp 2 Milliarden Euro schrittweise auf null gefahren werden. „Es weiß auch niemand, ob und wie lange der Wirtschaftsaufschwung anhält.“ Ein paar Jahre schon – da ist sich der Finanzsenator Sarrazin ziemlich sicher.

So ändern sich die Zeiten. Als das Land Berlin 2003 die Notlage-Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichte, wurde ein Gutachten der Finanz- und Verwaltungswissenschaftlerin Gisela Färber beigelegt. Darin beklagte die Expertin die „dramatisch schlechten Steuereinnahmen“ Berlins, für die ausschließlich der Bund verantwortlich sei. Seit Mitte der neunziger Jahre habe die Hauptstadt erhebliche Probleme bei der Entwicklung der Einnahmen. „Regelrecht katastrophal fielen die Jahre 2001 und 2002 aus.“ In den nächsten Jahren kann sich Berlin dafür schadlos halten.

Dennoch muss sich die Stadt auf Dauer zusätzliche Einnahmequellen erschließen oder ein neues, hartes Sparprogramm auflegen, um die Verschuldung irgendwann stoppen zu können und danach die Schulden ratenweise zurückzuzahlen. In den Szenarien Sarrazins kommt diese schöne Situation jedenfalls bis 2020 nicht vor. Und noch wird die Stadt im föderalen Finanzausgleich mit über 5 Milliarden Euro jährlich hoch subventioniert. za

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