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Herr im Haus. Klaus Wowereit – hier im Roten Rathaus mit dem Leiter seines Planungsreferats, Björn Böhning – soll am Donnerstag kommender Woche vom Abgeordnetenhaus als Regierender Bürgermeister wiedergewählt werden.

© dpa

Das war’s mit Rot-Rot: Die SPD regiert erst mal allein

Die Amtszeit der Linken-Senatoren endet am Donnerstag kommender Woche. Danach darf die SPD allein weiterregieren, denn die Mitglieder des neuen rot-schwarzen Senats werden nicht sofort ernannt. Aus einem ganz bestimmten Grund.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Senatsmitglieder der Linken werden am 24. November entlassen – an jenem Tag soll das Abgeordnetenhaus den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wiederwählen. Mit den verbliebenen SPD-Senatoren kann er dann bis Anfang Dezember allein regieren. Die verwaisten Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Arbeit/Soziales und Gesundheit/Umwelt werden bis zur Bildung des neuen Senats von den jeweiligen Staatssekretären geführt. Dieses Verfahren wurde am Dienstag in der Senatssitzung zwischen den bisherigen Koalitionspartnern verabredet.

Die Koalitionsverhandlungen zwischen Sozial- und Christdemokraten sollten in der Nacht zum Mittwoch beendet und die Ergebnisse am nächsten Morgen um 10 Uhr verkündet werden. Alles termingerecht. Trotzdem wird es noch dauern, bis die Berliner erfahren, wer künftig die Hauptstadt regiert. Denn nach der Wahl Wowereits werden die übrigen Mitglieder des neuen Senats nicht, wie üblich, am selben Tag ernannt und im Parlament vereidigt. Der Regierungschef will sich mit der Auswahl und Bekanntgabe der Senatoren ein paar Tage Zeit lassen. Die CDU ist damit einverstanden.

Bis zum 8. Dezember soll das neue Kabinett stehen. Der wesentliche Grund für Wowereits Entschluss, die Namen der neuen Senatsmitglieder erst nach seiner Wahl bekanntzugeben: Nervöse Mitglieder der SPD-Fraktion sollen daran gehindert werden, ihre Stimmabgabe für Wowereit mit dessen personellen Entscheidungen zu verknüpfen, die vielleicht nicht jedem passen. Individuelle Begehrlichkeiten und innerparteiliches Lagerdenken sollen gezügelt werden. Wowereit erwarte von den eigenen Leuten, so heißt es, erst einmal ein klares Bekenntnis zum Regierungschef.

Ein zweiter Grund, der in Parteikreisen kolportiert wird: Eine Bewerberin oder ein Bewerber von außen, den Wowereit möglicherweise nach Berlin holt, soll die Gewissheit haben, dass es einen gewählten Ministerpräsidenten gibt und genug Zeit haben, um sich aus anderen Amts- und Lebensumständen zu verabschieden. Dem scheidenden Bildungssenator Jürgen Zöllner ging es vor fünf Jahren anders. Er hatte in Berlin schon zugesagt und die rheinland-pfälzische Landesregierung verlassen, musste aber am 23. November 2006 miterleben, wie Wowereit bei der Wahl zum Regierenden Bürgermeister im ersten Wahlgang durchfiel.

Lesen Sie auf Seite 2, warum eine vorübergehende SPD-Minderheitsregierung nicht unproblematisch ist.

Erst im zweiten Versuch wurde der SPD-Spitzenmann vom Abgeordnetenhaus mit denkbar knapper Mehrheit von 75 zu 74 Stimmen gewählt. Rot-Schwarz hat nun aber eine klare Mehrheit von 86 Stimmen, während die Oppositionsfraktionen nur 63 Stimmen auf sich vereinen.

Verfassungsrechtlich ist die vorübergehende SPD-Minderheitsregierung unproblematisch, sagt Ulrich Battis, Professor für Verwaltungsrecht an der Humboldt-Universität. „Kritisch wäre es nur, wenn das ein Dauerzustand wäre.“ Aber als Übergangslösung sei es nicht unüblich, dass Teile der alten Regierung die Geschäfte vorübergehend alleine weiterführten, bis die neue Regierung im Amt ist. Das habe es im Bund beispielsweise Anfang der 80er Jahre gegen Ende der – von Helmut Schmidt geführten – sozialliberalen Koalition gegeben.

Für die Linken-Senatoren Harald Wolf, Carola Bluhm und Katrin Lompscher beginnt die Zeit des Abschiednehmens: Die Parlamentssitzung am 24. November werden sie bereits als normale Abgeordnete erleben, sagt Lompschers Sprecherin Marie-Luise Dittmar. Für Wirtschaftssenator Wolf dürfte die große Wirtschaftskonferenz zum Thema Energie am kommenden Mittwoch im Roten Rathaus der letzte große Termin im Amt sein.

Dann kommt Rot-Schwarz. Einige Knackpunkte, von der City-Tax bis zur Verbeamtung der Lehrer, mussten Dienstag in einer letzten Sitzung im Roten Rathaus noch aus dem Weg geräumt werden. Anschließend ging es darum, die Senatsressorts auf SPD und CDU zu verteilen. Erfahrungsgemäß bringt das zähe Feilschen um Ämter und Personen auch in die geordnetsten Verhandlungen noch einmal Pfeffer. Alle Beteiligten rechneten mit einer Sitzung bis in die tiefe Nacht.

Die bisherigen Ergebnisse der Koalitionsgespräche bestanden aber schon am Montag im SPD-Landesvorstand die Nagelprobe. Teilnehmer berichteten von einer „hohen Akzeptanz“ und guter Stimmung. Allerdings wurde Wowereit und dem SPD-Landeschef Michael Müller von vielen Genossen mit auf den Weg gegeben, dass das Bildungsressort im Senat bei den Sozialdemokraten bleiben solle. Dann müsste die SPD, die auch Finanzen und Stadtentwicklung beansprucht, auf Arbeit/Soziales oder Justiz verzichten.

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