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Ein einfacher Widerspruch gegen die Weitergabe der Daten genügt nicht.

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Datenschutz: Berlin verdient am Adressenhandel

Das Land nimmt jährlich 3,3 Millionen Euro durch den Verkauf von Meldedaten ein. Datenschützer kritisieren, dass Bürger bisher wenig dagegen tun können.

Von Fatina Keilani

Wer anonym bleiben will, hat es schwer. Denn jedermann kann sich von den Meldebehörden Namen und Anschrift geben lassen – einfach so. Rund 3,3 Millionen Euro nimmt das Land jährlich dadurch ein. Wer seine Daten sperren lassen will, braucht ein schutzwürdiges Interesse; einfacher Widerspruch gegen die Weitergabe der Daten genügt nicht. Diese Rechtslage wurde von den Datenschutzbeauftragten Berlins und des Bundes gestern kritisiert. „Der Einzelne sollte ein Widerspruchsrecht bekommen“, forderten der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar und sein Berliner Amtskollege Alexander Dix. „Die derzeitige Rechtslage ist unbefriedigend“, so Dix. „Der Bürger kann sich gegen die Herausgabe seiner Daten bisher nicht wehren; er erfährt nicht einmal davon.“ Und er habe auch kein Recht zu erfahren, an wen seine Daten herausgegeben wurden, sagte Schaar: „Ich halte das für schlecht.“

Der Grünen-Politiker Benedikt Lux forderte, die Kosten der Auskunft an Private auf zehn Euro zu verdoppeln. „Der massenhafte Abruf von Daten durch Adresshändler für Werbeschlachten ist ein Fehlgebrauch des Systems und sollte wesentlich teurer sein“, so Lux. Firmen zahlten derzeit nur 1,50 Euro; Lux schlägt mindestens fünf Euro vor. Dass es die Auskünfte überhaupt gibt, hält er aber für nötig: „Es kommt auf den Zweck an. Wer einen Schuldner finden will oder eine ladungsfähige Anschrift ermitteln muss, der soll natürlich eine Auskunft bekommen.“

Um alte Schulfreunde zu finden, sei das System wunderbar, sagt der CDU-Politiker Peter Trapp. Die Datenweitergabe im Internet halte er für viel gefährlicher. Zu Testzwecken habe er sich mal unter Pseudonym an einer Verlosung im Internet beteiligt. „Unglaublich, von wem ich danach alles E-Mails bekommen habe“, sagt Trapp. Die Gefahren hat offenbar auch der Gesetzgeber gesehen, denn hier hat er eine rechtliche Sperre eingebaut: Gegen den Abruf der Meldedaten übers Internet ist Widerspruch möglich.

Berlin gibt pro Jahr rund 1,5 Millionen Adressen von Berlinern auf Anfrage heraus – rechnerisch wäre das fast jeder zweite Bürger. „Einige werden sicherlich mehrmals nachgefragt, zum Beispiel Schuldner. Da sind dann meist mehrere Gläubiger, die eine Adresse benötigen, wenn etwa der Schuldner verzogen ist“, vermutet der FDP-Innenpolitiker Björn Jotzo. „Deshalb ist der Wirtschaftsverkehr auf die Melderegisterauskünfte angewiesen.“ Spezielle Abfragen, zum Beispiel nach verheirateten Berlinern mit Kindern, sind rechtlich nur möglich, wenn sie „im öffentlichen Interesse“ liegen, also etwa der Forschung dienen. Lästige Adressenhändler bekommen solche Auskünfte nicht. Sie nutzen die vorhandenen Möglichkeiten eher, um ihre für Werbezwecke vorgehaltenen Daten auf diese Weise zu aktualisieren.

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