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Bei ihnen wachsen die Zweifel an den rot-grünen Plänen: SPD-Landeschef Michael Müller und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit.

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Dauerstreit um A 100: Rot-Grün steht noch auf der Kippe

Es wären auch Gespräche mit der CDU möglich: Der Streit um die A 100 nervt Berlins Sozialdemokraten. Sie sehen Vertrauen beschädigt - und kritisieren einen Spitzengrünen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Vorfreude der Sozialdemokraten auf eine Koalition mit den Grünen ist großer Nachdenklichkeit gewichen. Zwar will die Öko-Partei mit den Sozialdemokraten über ein Regierungsbündnis verhandeln, gleichzeitig beschloss der Grünen-Parteitag: „Die SPD weiß, dass wir einem Weiterbau (der A 100) nicht zustimmen werden.“ Der SPD-Landeschef Michael Müller bedauerte dies. Im Streit um die Autobahn hätten sich die Grünen leider nicht bewegt. „Es bleibt schleierhaft, wie von ihrer Seite der Kompromiss aussehen soll“, sagte er am Freitag dem Tagesspiegel.

Zwar fügte Müller hinzu: „Auch wir wollen die Koalition.“ Aber ob es wirklich zu Verhandlungen zwischen SPD und Grünen kommt, entscheidet sich erst am Dienstag. Dann treffen sich auf Initiative der Sozialdemokraten die Sondierungskommissionen beider Parteien ein drittes Mal. „Wir werden uns tief in die Augen schauen und dann sehen, was wichtiger ist – Rot-Grün oder ein Autobahnstummel“, sagte SPD-Vizechef Mark Rackles, ebenfalls Mitglied des Sondierungsteams. Die Grünen hätten die gegensätzlichen Positionen zur A 100 in ihrem Parteitagsbeschluss „trennscharf herausgearbeitet“. Wie sich der Dissens auflösen lasse, sei jetzt zu klären.

Der seit einer Woche schwelende Streit um den Ausbau der Stadtautobahn vom Dreieck Neukölln nach Treptow berühren aus sozialdemokratischer Sicht die Grundpfeiler eines Regierungsbündnisses: Vertrauen und Verlässlichkeit. Offenbar wollen sich Regierungschef Klaus Wowereit und SPD-Landeschef Müller nicht darauf einlassen, mit der A 100 einen Dauerkonflikt in die rot-grüne Koalition zu schleppen. Sie sind auch nicht bereit, das Projekt nach Verhandlungen mit dem Bund auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben. Kritisiert wird ebenfalls die „Kampfrhetorik“ einzelner Grüner. „Die müssen abrüsten“, heißt es in der SPD.

Irritationen gibt es auch, weil der Ausbau des Flughafens in Schönefeld, die Tangentialverbindung Ost, die neue Landesbibliothek und andere Infrastrukturprojekte, auf die sich SPD und Grüne in den Sondierungen grundsätzlich verständigt hätten, von den Grünen wieder infrage gestellt würden, heißt es in der SPD. Aussage steht gegen Aussage. Das rot-grüne Sondierungstreffen wurde nicht protokolliert – mit Ausnahme des Autobahn-Kompromisses, und auch der wird von beiden Parteien unterschiedlich interpretiert.

Eigentlich sollten am Mittwoch die Koalitionsgespräche beginnen. Jetzt will die SPD-Führung vorab klären, ob der potenzielle Regierungspartner aus ihrer Sicht in allen zentralen Fragen konsensfähig ist. Man will nicht wochenlang Verhandlungen führen, die keine Chancen haben, ein gutes Ende zu finden. Im Mittelpunkt der SPD-internen Kritik steht Volker Ratzmann. Der Grünen-Fraktionschef, der mit Renate Künast die Sondierungsgespräche mit der SPD führte, sei immer wieder für eine böse Überraschung gut. Seine Strategie sei offenbar geprägt von persönlichen Karrierewünschen. Sollte es zu Rot-Grün kommen, gilt Ratzmann als Kandidat für einen Senatsposten.

Die SPD steht nun vor der Alternative: Über Rot-Grün trotz aller Risiken verhandeln und Wowereit frühestens am 10. November zum Regierenden Bürgermeister wählen – mit einer Stimme über der notwendigen absoluten Mehrheit. Oder die Grünen wieder ausladen und der CDU Verhandlungen über ein Regierungsbündnis anbieten. Rot-Schwarz läge elf Stimmen über der absoluten Mehrheit. Ob die Union einspringt, wenn Rot-Grün platzt, sagte CDU-Landeschef Frank Henkel nicht, aber: „Wir werden in jedem Fall gestalten. Als starke bürgerliche Opposition oder darüber hinaus. Wir sind uns unserer Verantwortung für Berlin bewusst.“

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