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Berlin: Debakel in bester Lage

Experten sehen den Alex als idealen Standort für Investitionen – doch der Rückzug der Firma Wal-Mart gefährdet die hochfliegenden Pläne

Von Christian van Lessen

und Cay Dobberke

Mit dem Rückzug der US-Handelskette Wal-Mart haben die hochfliegenden Pläne am Alexanderplatz einen Rückschlag erlitten. Seit bald zehn Jahren bemüht sich der Senat ohne Erfolg, die Hochhausplanung in Gang zu setzen. Nun bringt die Ankündigung von Wal-Mart, nicht in die für sie umgebauten und mit Parkhäusern ergänzten Rathauspassagen zu ziehen, ein neues Problem.

Verödete Passagen, für über 60 Millionen Euro von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) umgebaut, sind das letzte, was die Gegend verkraftet. Da die Alex-Neubauten auf sich warten lassen, fehlen Impulse. Das städtebauliche Leitbild, das Stadtentwicklungssenator und SPD-Chef Peter Strieder vorschwebt, „kommt eben nicht“, sagte Bezirksbürgermeister und CDU-Chef Joachim Zeller. Er nannte Wal-Marts Kündigungsgründe „fadenscheinig“. Die Firma habe immer betont, dass der Standort unabhängig von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen „ein Prestigeprojekt“ sei. Den Bau der Parkhäuser hatte Wal-Mart zur Bedingung gemacht. Beim Anblick der ersten Entwürfe wollte Senatsbaudirektor Hans Stimmann noch „eine Bombe reinwerfen“.

Strieders Behörde wies jede Verantwortung zurück. Mittes Baustadträtin Dorothee Dubrau (Grüne) betonte, die Passagen seien baulich abgenommen. Wal-Mart hatte kritisiert, die Verkaufsflächen seien für Gabelstapler nicht tragfähig. WBM-Geschäftsführer Hartmut Moschner will gegen die Kündigung mit allen rechtlichen Mitteln vorgehen. Die Räume könnten „vertragsgemäß“ am 15. März übergeben werden. Er bestätigte, dass als erstmöglicher Einzugstermin der Oktober 2003 genannt worden sei und Wal-Mart auf das Weihnachtsgeschäft gehofft hatte. Wal-Mart hatte den Rückzug mit Bauverzögerungen begründet. Ohne Wal-Mart stünde die zweite Etage der Passage leer.

Derweil gehen die Bauvorbereitungen für das Sonae-Center zwischen Alex und Jannowitzbrücke weiter. Die Wohnungsbaugesellschaft DeGeWo, die das Areal für die portugiesische Firma Sonae erschließt, rechnet mit einem Baubeginn im Sommer oder Herbst 2004. Zum Projekt gehören ein Bürohochhaus und ein Hotel; letzteres will die DeGeWo selber errichten. Die Grünen hatten kritisiert, dem Landeshaushalt drohten bei einem Scheitern des Projekts Millionenverluste. Eine DeGeWo-Sprecherin erwiderte gestern, nichts deute auf einen Rückzug von Sonae hin. Schließlich sei gerade der städtebauliche Vertrag mit dem Senat geschlossen worden. Die DeGeWo sieht keine Konkurrenz zu den Rathauspassagen: „Wir bedienen mehr den Bereich Freizeit und Unterhaltung.“ Allerdings plant Sonae auch insgesamt 36000 Quadratmeter Verkaufsfläche.

Die Vize-Vorsitzenden der CDU-Fraktion, Mario Czaja und Kai Wegner, warfen Strieder eine „Politik der unkontrollierten Ausweitung“ von Handelsflächen vor. An der Landsberger Allee, wo weitere Center geplant sind, drohe „die nächste Ruine“. Aus Sicht der Grünen-Abgeordneten Claudia Hämmerling ist der gescheiterte Wal-Mart das „erste große Opfer“ des Projekts von Sonae und DeGeWo.

Nach Einschätzung der auf Handelsimmobilien spezialisierten Maklerfirma Kemper’s ist der Alex eine der besten Shopping-Lagen in Berlin und „die Nummer eins im ehemaligen Ostteil“. Der Kaufhof-Konzern erzielt dort bundesweit den dritthöchsten Umsatz. Im Frühjahr soll der Umbau des Kaufhofs beginnen. Bis zur Fußball-WM 2006 wächst die Fläche von 24000 auf 36000 Quadratmeter. Laut Geschäftsführer Detlef Steffens zieht es viele Käufer aber nur in den Bereich zwischen Park-Inn-Hotel, Kaufhof und Bahnhof. Auf dessen anderer Seite „lässt die Kundenfrequenz merklich nach“.

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