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Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen), und Michael Müller (SPD), mussten sich scharfe Angriffe von der Opposition anhören.

© Christoph Soeder/dpa

Debatte über die BVG: „Täuschen, Tricksen, Tarnen, Mobben“

Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus nutzte die Aktuelle Stunde, um mit Rot-Rot-Grün abzurechnen. Die Koalitionäre bemühten sich um Versachlichung.

Die Opposition hat eine von der CDU-Fraktion beantragte Aktuelle Stunde zur Krise bei der BVG dazu genutzt, die rot-rot-grüne Koalition scharf zu attackieren. Diese trage die Verantwortung für die aktuelle Misere der Verkehrsbetriebe und mache auch in anderen Politikbereichen mit „Streit, Untätigkeit und Leugnen der Realität“ von sich reden, so Oliver Friederici, verkehrspolitischer Sprecher der Christdemokraten. Er war der erste Redner einer am Ende zwar hitzigen aber eher inhaltsarmen Debatte.

Besonders im Fokus der Kritik: Die Sozialdemokraten und ihr Regierender Bürgermeister Michael Müller. Nachdem zuerst SPD-Fraktionschef Raed Saleh auf einer Klausur der Partei am vergangenen Wochenende in Rostock die Situation bei der BVG gegeißelt hatte, hatte Müller nachgelegt. Die Leute seien „pappsatt“, hatte der Regierende Bürgermeister gesagt. Seine Kritik richtete sich neben Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) auch an Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), die Müller und die SPD prompt aufforderte, nicht weiter Opposition zu spielen.

CDU-Politiker Friederici warf den Sozialdemokraten "Koalitionsmobbing" vor

Friederici nahm diesen senatsinternen Krach dankbar auf und warf den Sozialdemokraten vor, „Koalitionsmobbing“ zu betreiben. Die SPD lenke nach dem Motto „Täuschen, Tricksen, Tarnen, Mobben“ von der „eigenen Unfähigkeit“ ab, sagte der CDU-Politiker, der geradezu genüsslich darauf hinwies, dass die SPD unter anderem in Person von Michael Müller zwischen 2001 und 2016 das Verkehrs- sowie bis zum heutigen Tage das Finanzressort inne hatte. An der aktuellen Krise der BVG hätten die Genossen deshalb einen gewichtigen Anteil, sagte Friederici. Er warf der SPD vor, „Angst vor der wachsenden Stadt“ zu haben. Die Koalition insgesamt wolle keine wichtigen Entscheidungen treffen.

Nachdem AfD-Fraktionschef Georg Pazderski die Sozialdemokraten als „aufgeschreckte Hühner“ bezeichnet und ihnen vorgeworfen hatte, BVG-Chefin Sigrid Nikutta „in Gutsherrenart zum Rapport bestellt“ zu haben, schloss sich FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja der Kritik an. Er warf der SPD vor, eigene Versäumnisse „den Grünen vor die Füße“ zu kippen und machte „Missmanagement und Unfähigkeit“ für die Probleme der BVG verantwortlich, die sich lange vorher abgezeichnet hätten. Den wenige Meter entfernt sitzenden Michael Müller bezeichnete Czaja als „das personifizierte Umfragetief der SPD“. Er forderte Müller auf, seine Verantwortung wahrzunehmen und das „Konzert der Vielstimmigkeit in der Koalition“ zu dirigieren.

Die Koalitionäre bemühten sich um eine Versachlichung der Debatte

Anders als die Vertreter der Opposition, deren Reden inhaltlich so gut wie keine Impulse zur Verbesserung der Lage bei den Verkehrsbetrieben zu entnehmen war, bemühten sich die Koalitionäre um eine Versachlichung der Debatte. Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, warb für eine bessere Kommunikation mit den Fahrgästen und ermahnte die Opposition, ihrer Kritik bei den Verhandlungen für den nächsten Doppelhaushalt Taten folgen zu lassen. Dann gehe es darum, Beschlüsse zur Stärkung der BVG zu unterstützen – auch aus der Opposition heraus. Der Grünen-Verkehrsexperte Harald Moritz erklärte: „Wir haben alle die Probleme erkannt und werden sie gemeinsam angehen und lösen.“

Harald Wolf, verkehrspolitischer Sprecher der Linksfraktion, nutzte die Redezeit für einen Gegenangriff auf die Opposition. „Ich bin davon ausgegangen, dass über die Situation BVG gesprochen wird und nicht über die der SPD“, sagte Wolf. Der AfD warf er vor, die „verkehrspolitische Welt nur durch die Windschutzscheibe“ zu betrachten. Wolf sagte, die BVG werde „frühestens 2020/2021 wieder in einen Normalbetrieb kommen“.

Das Vorhaben, allein in diesem Jahr 1100 neue Beschäftigte einzustellen – 720 davon im Fahrdienst – bezeichnete er als „dringend notwendig“. Darüber hinaus sprach er sich dafür aus, auch im Bereich der Arbeitsbedingungen und der Bezahlung von BVG-Mitarbeitern nachzusteuern, nur so könne der Krankenstand gesenkt und die Arbeitszufriedenheit verbessert werden. Das Freiräumen der Busspuren müsste dringend umgesetzt werden, sagte Wolf, die für die Umsetzung notwendigen Verordnung stünden aktuell aber noch aus. Dasselbe gelte für die Anpassung der Ampelschaltungen. Der Vorrang für den ÖPNV müsse „endlich eingerichtet“ werden.

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