zum Hauptinhalt
Panzernashorn im Tierpark Friedrichsfelde.

© dapd

Defizit: Dem Tierpark fehlen die Besucher

In den Zoo kamen im vergangenen Jahr drei Millionen Besucher, in den Tierpark nur knapp eine Million. Weil die Einnahmen so gering sind, macht Europas größter Landschaftstiergarten hohe Defizite.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Reicher Zoo, armer Tierpark. Während beim Zoologischen Garten in der City West fast 33 Millionen Euro auf der hohen Kante liegen, rutscht der größte Landschaftstiergarten Europas im Bezirk Lichtenberg tief in die roten Zahlen. Im laufenden Jahr wird mit einem Defizit von 1,6 Millionen Euro gerechnet. Für 2011 kündigt der neue Wirtschaftsplan 1,5 Millionen Euro Verluste an. Zwar hat auch der Tierpark noch einige Spargroschen, aber die sind, wenn es so weitergeht, Mitte 2012 aufgebraucht.

Trotzdem sieht Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) keinen Grund zur Panik. „Von einem drohenden Finanzkollaps kann keine Rede sein“, sagte seine Sprecherin Kathrin Bierwirth am Montag. Mittelfristig müsse sich der Tierpark allerdings Gedanken machen, wie er die Probleme nachhaltig angehen wolle. „Der Finanzsenator setzt auf ein zukunftsfähiges Konzept, das Zoo und Tierpark gemeinsam entwickeln.“ Die vorzeitige Ablösung des Berliner Zoo-Chefs Bernhard Blaszkiewitz, dessen Vertrag noch drei Jahre läuft, ist für Nußbaum überhaupt kein Thema. Auch wenn die Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling, ärgste Gegnerin des knorrigen Zoodirektors, erneut dessen Rücktritt forderte.

Schon im Juli hatte Nußbaum bei einem Rundgang durch den Zoologischen Garten, trotz aller notwendigen Sparsamkeit, eine Bestandsgarantie für beide Einrichtungen abgegeben. So behutsam gingen seine Amtsvorgänger Thilo Sarrazin und Annette Fugmann-Heesing nicht mit Eisbär, Gorilla & Co. um. Als die Finanznöte Berlins nicht mehr völlig ignoriert wurden, also seit Mitte der neunziger Jahre, stand der Tierpark im Südosten Berlins auf den Streichlisten der Finanzverwaltung. Politisch durchsetzbar war dieser Sparplan nie. Die tierliebenden Hauptstädter wären auf die Barrikaden gegangen, außerdem ging es um Ost gegen West. Denn der Zoo in unmittelbarer Nachbarschaft zur Gedächtniskirche stand nie zur Disposition.

Lassen wir kurz die Zahlen sprechen: Während der Senat 2009 jedes Ticket für den Zoologischen Garten nur mit 48 Cent subventionieren musste, wurde jede Eintrittskarte für den Tierpark mit 6,14 Euro bezuschusst. Das liegt nicht an zu hohen Kosten, die der Tierpark im Ortsteil Friedrichsfelde verursacht, sondern an zu geringen Einnahmen. In den Zoo kamen im vergangenen Jahr 3,02 Millionen Besucher, in den Tierpark nur 948 000. Das ist der Unterschied. Der Zoo könnte notfalls ohne öffentliche Zuwendungen überleben (2010: 1,44 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt), der Tierpark (2010: 5,82 Millionen Euro Zuwendungen) wäre sofort pleite.

Experten und Politiker aller Parteien sind sich deshalb auch weitgehend einig, dass der Tierpark im relativ fernen Südosten der Stadt ein neues Marketing und mehr Sponsoring braucht, deutlich attraktiver im Erscheinungsbild und familienfreundlicher werden muss. Mit ihrer Forderung, aus dem Tierpark einen Abenteuertiergarten und Safaripark zu machen, stehen die Grünen allerdings allein.

Doch weil das Geld fehlt, geht es mit der Verschönerung von Freiflächen und Tierhäusern langsam voran. Auch wenn die Finanzverwaltung schwärmt, dass „sich kein Zoo in Deutschland mit den Kamelwiesen und Gebirgstieranlagen“ im Tierpark messen könne. Bis 2013 soll das Alfred-Brehm-Haus saniert werden, die Eisbärenanlage erhält Sichtfenster, und die Kängurus und Vari-Lemuren bekommen ein schöneres Zuhause. Aber was hilft’s, wenn im Berlin-Werbefilm der Tourismus-Marketing-Gesellschaft der Zoo drei Sekunden und der Tierpark gar nicht vorkommt? Ulrich Zawatka-Gerlach

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false