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Auch die Gropiusstadt gehört zum Bestand der Degewo, die im Jahr 2014 Gewinne in Höhe von 38 Millionen Euro schrieb.

© ddp

Degewo zieht Bilanz: Berlins größte "Landeseigene" im Baufieber

1000 neue Wohnungen jährlich und bezahlbare Mieten, verspricht die Degewo und der Mietenvolksentscheid.

Nein, Berlins größte landeseigene Wohnungsbaugesellschaft hat nicht berechnet, auf wie viele Millionen sie verzichten müsste, falls der Mietenvolksentscheid erfolgreich verläuft. Und nein, „wir haben keine Zahlen beigesteuert zur Berechnung des Senats“, sagt Degewo-Chefin Kristina Jahn über die Besorgnis erregende Summe von 3,3 Milliarden Euro, mit der die Initiative der politischen Mietrebellen ausgebremst werden soll. Den Auftrag, auch die unteren Schichten der Bevölkerung mit Wohnraum zu versorgen, erfülle man aber schon heute. 5,58 Euro je Quadratmeter und Monat zahlen Mieter der Degewo im Durchschnitt, etwas mehr als durchschnittlich in Berlin laut Mietspiegel (5,54).

Auftrag erfüllt? Eher nicht würden Aktivisten des Mietenvolksentscheids wohl entgegnen, denn sie sagen die Versorgung mit Wohnraum in Berlin ist gefährdet und legen den Finger auf die Wunde: Günstige freie Wohnungen gebe es in der Stadt fast nicht mehr und die „Sozialwohnungen“ seien gar keine, weil deren Mieten sogar noch teurer sind als im Bestand sonst üblich. Beides bestätigt nun die Bilanz der Degewo über das vergangene Geschäftsjahr: Nur etwa jeder zehnte Bewerber um eine Mietwohnung der Gesellschaft bekommt auch eine – und für Sozialwohnungen aus ihrem Bestand verlangt die Degewo 5,74 Euro je Quadratmeter im Monat, das ist mehr als ortsüblich.

Aber es wäre ungerecht, deshalb den Stab über das Unternehmen zu brechen, denn der Fehler liegt im System der früheren Förderung und den seinerzeit viel zu teuer gebauten Sozialwohnungen. Außerdem dürfen die Leistungen der Degewo nicht unerwähnt bleiben, die als eine der ersten landeseigenen Firmen beherzt neue Wohnhäuser baute und sich nun das ehrgeizige Ziel von 1000 neu gebauten Wohnungen jährlich gesetzt hat. Neubau ist politisch erwünscht, zumal für Bausenator Andreas Geisel (SPD), der darin den Königsweg zur Linderung der Wohnungsnot sieht. So gesehen, erfüllt die Degewo ihren Auftrag schon.

500 Wohnungen sind zurzeit im Bau, auf Grundstücken in der Gropiusstadt zum Beispiel, wo die Gesellschaft außerdem kräftig experimentiert. Das Ziel sind günstige Baukosten, die es erlauben die Neubauten zu Mieten ab 6,50 Euro je Quadratmeter und Monat zu vermieten. Ohne Förderungen geht das nicht, ohne Zuschuss klettern die Mieten auf knapp neun Euro. Dass liegt noch einen Euro unterhalb der Schwelle, die Wohnungsverbände als Mindestmiete für Neubauten in Berlin nennen, jedenfalls. wenn sie wirtschaftlich sein sollen. Aber das gelingt der Degewo vor allem durch Streichungen: Kein Keller, wenig Flure, kleine Eingangsbereiche, kluge Grundrisse, wenig Balkone.

Mietenvolksentscheid und die 100 000 fehlenden „leistbaren Wohnungen“ in Berlin (Stadtsoziologe Andrej Holm) hinterließen dennoch Spuren in den Degewo-Excel-Folien: „Wir sind beide Anfang 50. Die Wohnung ist bezahlbar und ruhig gelegen“, steht in der Sprechblase desDegewo-Mieterpaares einer Neubauwohnung in der Siedlung Mariengrün (Marienfelde). Nettoeinkommen: 1879 Euro, Warmmiete: 520 Euro – eine Mietkostenbelastung von 28 Prozent, das ist fast schon sozial. Ralf Schönball

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