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Berlin: Dein Freund und Türsteher

Messerstecherei im „Jungle Club“: Dem Polizisten, der Blutspuren verwischte, wird Strafvereitelung im Amt vorgeworfen

Der stellvertretende Wachleiter vom Polizeiabschnitt 61 in Friedrichshain war seinen Kollegen mehrfach aufgefallen. Immer wieder trafen sie ihn bei Razzien und Kontrollen im „Jungle Club“ an. Nie war der Polizeioberkommissar dienstlich anwesend, immer führten ihn angeblich private Gründe in die Rudower Diskothek. Jetzt ermittelt das Landeskriminalamt (LKA) gegen den Kollegen. Wie berichtet, soll er am Karfreitag nach einer Messerstecherei in dem Club Blutspuren beseitigt haben. Es war jene Messerstecherei, die zum Sturm eines Spezialeinsatzkommandos auf eine Wohnung in Neukölln führte. Dabei wurde ein SEK-Beamter erschossen.

Dass der Polizist erneut in der Diskothek anwesend war, erklärte er damit, dass er seinen Bruder und dessen Frau, die offiziell Geschäftsführerin des „Jungle Club“ ist, besuchte. Sie ist gleichzeitig Betreiberin eines Sicherheitsdienstes. Zu diesem „K4 Security“-Dienst gehört auch ihr Mann, der Bruder des Polizisten, und er bewacht den Club seiner Frau. Die Ermittler gehen davon aus, dass auch der Polizist in seiner Freizeit für „K4 Security“ als Türsteher arbeitete und sich deswegen auch am Karfreitag im Club aufhielt. Nach der Schlägerei zwischen verfeindeten libanesischen Großfamilien, die beide den Club kontrollieren wollen, entfernte er auf der Toilette auf Anweisung seines Bruders Blutspuren, bevor die Spurensicherung des LKA eintraf. Außerdem habe er bei der Messerstecherei weder selbst eingegriffen noch Kollegen zu Hilfe gerufen. Nun wird gegen den aus dem Libanon stammenden Beamten wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt ermittelt. Sein Dienstherr hat ihn beurlaubt.

Die Betreiberin des Clubs ist angeblich nur eine „Strohfrau“. Tatsächlich soll der Club einer der an der Messerstecherei beteiligten libanesischen Großfamilien gehören, die dort auch mit Rauschgift handeln soll. Zu dieser Familie jedoch hat der Polizist keine verwandtschaftlichen Beziehungen. Allerdings könnte der libanesische Clan durchaus das Wissen des Polizisten genutzt haben. Die LKA-Ermittler gehen derzeit nicht davon aus, dass der Mann gezielt bei der Polizei eingeschleust wurde: „So lange voraus denken die meisten nicht“, sagte ein Ermittler. Der suspendierte Polizist, der Ende 20, Anfang 30 Jahre alt sein soll, hat rund 10 Jahre Polizeidienst hinter sich.

Er gehört zur der Gruppe von 100 Beamten nichtdeutscher Herkunft in der Polizei. Seit vielen Jahren wirbt die Behörde darum, dass mehr Ausländer sich für den Polizeiberuf interessieren. Die meisten Bewerber scheiterten aber an den Sprachkenntnissen. Sie müssen außerdem spätestens am Ende der dreijährigen Ausbildung und vor der Übernahme in das Beamtenverhältnis die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen.

Während der Ausbildung erfolgt die Sicherheitsüberprüfung, die aus einem Strafregisterauszug und internen Überprüfungen besteht. Die Verwandtschaft des Polizeischülers wird aber nicht überprüft: „Wir haben doch keine Sippenhaft. Wir können niemanden für die Verfehlungen des Bruders oder des Vaters verantwortlich machen“, sagte ein Behördenvertreter.

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