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Berlin: Dem Abriss immer näher

Der Kreisel ist offenbar nicht mehr zu retten. Bezirksbürgermeister enttäuscht über die Miteigentümer

Der Abriss des Steglitzer Kreisels scheint beschlossene Sache, seitdem sich offenbar auch die Miteigentümergesellschaft Becker & Kries nicht mehr dagegen stemmt. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) plädiert seit langem für den Abriss des asbestverseuchten Rathauses. Die Hoffnung von Bezirksbürgermeister Herbert Weber (CDU), den Kreisel nach der Asbestsanierung als Rathaus noch retten zu können, ist geschwunden. „Das letzte Wort hat das Parlament, nicht der Finanzsenator“, sagte er am Mittwoch. „Aber man muss auch verlieren können.“

Weber hat allerdings Zweifel, ob das Abgeordnetenhaus noch kurz vor der Sommerpause und den Wahlen und ohne Diskussion mit dem Bezirksamt das Ende des Kreisels besiegelt. Wie berichtet, hat die Finanzverwaltung (dem Land gehört der asbestbelastete Hochhausteil) mit den Miteigentümern Abriss-Gespräche geführt. Sarrazins Sprecher Matthias Kolbeck betonte, in der Beschlussvorlage für den Senat am kommenden Dienstag werde es um die dauerhafte Unterbringung des Bezirksamtes und die unumgängliche Asbestbeseitigung im Kreisel gehen. Für die Abrissfrage gebe es dagegen keinen Zeitdruck. Mit den Miteigentümern habe man über die Gespräche Vertraulichkeit vereinbart.

Dass Becker & Kries einem Abriss zustimmt, habe er von der Finanzverwaltung erfahren, sagte der Bezirksbürgermeister. Er habe das zunächst nicht glauben wollen, da sich die Firma – von der gestern keine Stellungnahme zu erhalten war – wiederholt gegen Abrisspläne ausgesprochen hatte. „Ich habe gegengecheckt – es stimmte.“ Er sei darüber sehr enttäuscht. Dem Bezirksbürgermeister wurden schon Zahlen genannt: Mindestens 16 Millionen Euro sind zunächst für die Asbestbeseitigung im Hochhaustrakt veranschlagt, neun weitere Millionen für den Abriss. Zu diesen 25 Millionen Euro sollen offenbar zehn weitere Millionen Euro als „Kompensation“ an Becker & Kries gezahlt werden. Eine Komplettsanierung war bislang mit bis zu 90 Millionen Euro veranschlagt. Weber spricht von einer falschen Entscheidung, die nur aus reinen Kostengründen gefällt werde. Gerade auch angesichts des neuen Einkaufszentrums „Das Schloss“ gegenüber sei das Rathaus einmalig verkehrsgünstig. Auch der Abriss werde „keine billige Lösung“, zumal noch das Geld für die Herrichtung von Ersatzräumen nicht gesichert sei. Die Berliner Immobilienmanagement-Gesellschaft hat mehrere Standorte für das Rathaus ermittelt, unter anderem das alte Rathaus Lankwitz, den ehemaligen Sitz des Landesamtes für Verfassungsschutz an der Dahlemer Clayallee/Auf dem Grat und das Rathaus Zehlendorf an der Kirchstraße. Bis Ende 2007 muss das Steglitzer Hochhaus wegen der Gesundheitsgefahr geschlossen sein.

Die SPD-Haushaltsexpertin Iris Spranger hat Zweifel, ob das Parlament so kurzfristig über die angekündigte Senatsvorlage entscheidet. „Das wird sehr knapp.“

Mit dem Bau des Kreisels war 1969 begonnen worden. Das Projekt der Architektin Sigrid Kressmann-Zschach ging vor der Eröffnung Pleite, eine Landesbürgschaft brachte den Senat ins Trudeln. Das Haus wurde zum Inbegriff Berliner Bauskandale. Becker & Kries ersteigerte es, verkaufte den Hochhaustrakt 1988 an das Land Berlin.

Christian van Lessen

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