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Hunderte Studenten und Alt-Akademiker zogen am Sonnabend von der Volksbühne zur Humboldt-Uni, um den entlassenen Dozenten Andrej Holm zurückzuverlangen und für niedrige Mieten und eine sozialere Politik zu demonstrieren.

© Doris Spiekermann-Klaas

Demonstration in Berlin: Studenten gehen für Andrej Holm auf die Straße

Hunderte demonstrierten gegen die Entlassung von Holm durch die Humboldt-Universität und gegen die Gentrifizierung. Auch Politiker beteiligten sich.

Von Fatina Keilani

Der Himmel ist blau, die Sonne strahlt, als sich am Sonnabend bei Eiseskälte hunderte vor der Volksbühne versammeln, um gegen die Entlassung von Andrej Holm und für eine soziale Mietenpolitik zu demonstrieren. Die Causa Holm hat alte und junge Studenten wütend gemacht, es sind Mieterbündnisse wie Kotti und Co. vertreten, der von Räumung bedrohte Kiezladen Friedel 54, linke Gruppen wie „Stadt von unten“, „Uni von unten“, um nur wenige zu nennen.

Der Zug setzt sich gegen 13.30 Uhr in Bewegung, zunächst die Rosa-Luxemburg-Straße hinunter, und läuft an allem vorbei, wogegen man ist: Top sanierte Altbauten mit Wohnungen zu irren Quadratmeterpreisen, in deren Erdgeschossen ein Hutsalon, eine edle Papeterie, ein Prosecco-Geschäft, ein Parfumeur, ein Dessous-Laden und mehrere Modeboutiquen liegen. „Das gute Leben für alle erkämpfen!“, fordert eins der Transparente passenderweise. Das gute Leben, das bedeutet: niedrige Mieten, verfügbarer Wohnraum, Teilhabe am Leben der Stadt.

Holm war ein beliebter Dozent

Der zurückgetretene Staatssekretär Andrej Holm stand für all das, und so glauben viele Teilnehmer der Demo, dass die Kritik an seiner Stasi-Vergangenheit und besonders seinen unrichtigen Angaben dazu nur das Vehikel gewesen sei, um ihn aus dem Amt zu befördern. Dass er habe gehen müssen, weil Investoren und Spekulanten es so wollten.

„Rauf mit den Löhnen! Runter mit den Mieten!“ skandieren die Demonstranten, als sie den Alexanderplatz passieren, hier nun rufen Passanten jeden Alters „Jawoll!“ und „Ist richtig!“. „Häuser denen, die sie brauchen!“, heißt es im Chor, und „Keine Profite mit der Miete!“ Die Polizei schützt die Demo minimalinvasiv; sie schätzt ihre Stärke auf 500 bis 600 Teilnehmer; die Veranstalter gehen mit einer Schätzung von etwa 1200 von mehr als dem Doppelten aus. Unter anderem die Grünen-Politikerin Canan Bayram und der Linken-Politiker Hakan Tas laufen mit.

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Dass Holm nach dem Regierungsamt auch seinen Job an der Uni verlor, macht die Demonstranten wütend – er war ein beliebter Dozent, der aus ihrer Sicht stadtpolitisch auf der richtigen Seite stand. An HU-Präsidentin Sabine Kunst richten sich entsprechende Appelle: „Andrej Holm steht wie kein Zweiter für kritische Forschung und engagierte Lehre!“, erklärten die Veranstalter. Kunst allerdings hatte erklärt, Holm habe keine Bereitschaft gezeigt, seine Falschangaben bei der Einstellung zuzugeben und sich von ihnen zu distanzieren. Das Vertrauensverhältnis sei nachhaltig gestört.

Der Demonstrationszug erreichte gegen 15.45 Uhr das besetzte Institut für Sozialwissenschaften in der Universitätsstraße. Ein Redner vom Kiezladen Friedel 54 bekundete zu Beginn der Demo seine Solidarität mit der „Kadterschmiede“, dem von Autonomen besetzten Lokal in der Rigaer Straße 94 in Friedrichshain. Um die Räumung dieses Lokals und einer Wohnung im Vorderhaus derselben Immobilie geht es am kommenden Freitag vor dem Landgericht. Zu den Verhandlungen um 10 und 11 Uhr gibt es ein großes Polizeiaufgebot, da je nach Ausgang der Verfahren Randale zu befürchten ist. Gegen Zwangsräumungen waren am Sonnabend alle Demonstrationsteilnehmer, auch gegen hohe Mieten – nicht aber bereit zur Gewalt.

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