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Berlin: Den blauen Zeppelin über Berlin steuert eine Amerikanerin

Leise summt die blaue Wolke am Nachthimmel über Schöneberg. Ein Reklamegag für einen Autohersteller.

Leise summt die blaue Wolke am Nachthimmel über Schöneberg. Ein Reklamegag für einen Autohersteller. "Blimp" sagen die Amerikaner zu dem Luftschiff, "Zeppelin" nennen es die Deutschen. Blimp sagt auch Katharine Board. Sie sitzt am Steuer und schaut der Stadt aufs Dach. 24 Jahre ist die Britin alt, seit fünf Jahren ist sie Pilotin.

Damals schenkten ihre Eltern, entnervt von den jahrelangen Quengeleien der Tochter, sie wolle in die Luft gehen, zum Geburtstag eine Stunde Flugunterricht - und verloren ihr Kind mit dem ersten Take Off endgültig an die Luftfahrt. Da sie, sei es aus elterlichem Trotz, sei es aus nüchterner Ökonomie, nicht gewillt waren, eine komplette Flugausbildung zu bezahlen, arbeitete Katharine bei einem Flugsportclub, übernahm dort den Telefondienst, schob Flugzeuge aus dem Hangar oder wieder hinein, betankte sie, und ließ sich statt mit Pfund und Pennies mit Flugstunden bezahlen.

Danach nahm die zierliche Frau immer wieder Jobs an, die alle im weitesten Sinne mit Luftfahrt zu tun hatten. Als ein Ballonunternehmen in London, bei dem sie tätig war, seinen Sitz in den Norden Großbritanniens verlegte, stand sie vor der Wahl, ebenfalls umzuziehen oder als Pilotin zu einer Schwesterfirma zu wechseln, die Luftschiffe herstellt und vermietet. Sie entschied sich gegen den Umzug, machte eine entsprechende Ausbildung und wurde Mitglied in einem äußerst exklusiven Club. Denn weltweit gibt es nur 80 Piloten, die ausschließlich Luftschiffe steuern. Wieviele Frauen darunter sind, kann Katharine nicht sagen - sie selbst kennt jedenfalls keine weitere. Ausgebildete Astronautinnen gibt es wesentlich mehr.

Mittlerweile ist das Luftschiff-Fahren ihre liebste Form der Fliegerei. Besonders schätzt sie, dass während der Fahrten viel mehr Zeit bleibt, die Landschaft zu genießen, als in einem Flugzeug. Zudem bietet das Luftschiff einmalige Perspektiven. Gleichzeitig, sagt sie, ist das Lenken eines Blimps deutlich anspruchsvoller. So muss sie zum Beispiel während der Fahrt permanent rechnen, ob die Gewichte mit der Windgeschwindigkeit übereinstimmen. Ist das nicht so, kann es Probleme mit dem leichten Fluggefährt geben.

Ihr beeindruckendstes Erlebnis? Die Silvesternacht 1999 - dort schwebte sie mit ihrem Blimp über dem Neujahrsfeuerwerk von Barcelona. Für die Zukunft träumt Kate - so wird sie seit ihrem Schulabschluß genannt - davon, luxuriöse Luftschiffe über den Atlantik zu steuern. Wie in den 30er Jahren. Und wenn das nicht klappen sollte, kann sich die Frau mit dem Drang zu Höherem auch eine Karriere als Astronautin vorstellen. Heute kreist sie noch einmal am Himmel über Berlin. Dann führen sie ihre Pläne zunächst nach Dresden, aber im Juli wird der Blimp dann anlässlich der Love Parade wieder über Berlin unterwegs sein.

Elf Monate pro Jahr ist Katharine Board in der Luft, in ganz Europa und den USA. Die restliche Zeit braucht sie, um Freundschaften zu pflegen oder ihre Familie wieder zu sehen. Ihre freie Zeit ist also knapp, die sie voll für ihre Hobbys verwendet. Kathrine entspannt sich am besten - logisch - in der Luft, bei Loopings, Schrauben, Sturzflügen und anderen Manövern. Sitzt sie nicht in ihrem Blimp, steuert sie als begeisterte Kunstfliegerin kleine Maschinen.

Andreas Heinzgen

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