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Berlin: Den eigenen Arbeitsplatz geschaffen

Vor einem Jahr berichteten wir über vier Ich-AG-Gründer. Jetzt haben wir sie wieder besucht

Das erste Jahr ist das schwierigste, viele geben auf. Daran denken Merit Schambach, Frank Wojchiechowski, Susann Güngör, Joachim Wittsack derzeit nicht. Vier Existenzgründer, alle vier haben sich im Jahr 2003 selbstständig gemacht. Vor einem Jahr haben wir mit ihnen über die ersten Monate ihrer Freiberuflichkeit gesprochen. Jetzt haben wir sie wieder besucht.

„Der Laden läuft“, sagt Merit Schambach, „im zweiten Jahr noch etwas besser als im ersten“. Vielleicht so gut, dass sie in ihrem dritten Geschäftsjahr keine Förderung mehr von der Bundesagentur für Arbeit bekommt – weil sie mehr verdient als die erlaubten 25000 Euro. Vor gut zwei Jahren hatte sie in einer Fernseh-Kindersendung gesehen, wie Senf hergestellt wird. Seit Mai 2003 verdient sie Geld damit, dass sie in einem eigenen Laden Senf verkauft, in zig Varianten: Knoblauch-Senf, Himbeer-Senf, Feigen-Senf. Seitdem ist Merit Schambach, 32, verheiratet, zwei Kinder, eine so genannte Ich-AG. Vorher war sie erst freiberufliche Fotografin, dann ein Jahr arbeitslos.

Selbstverständlich ist ihr Erfolg nicht. Im vergangenen Monat stiegen die Arbeitslosenzahlen auf Rekordniveau, eine Ich-AG kann ein Ausweg sein, muss aber nicht. Rund 20000 Existenzgründer gibt es in Berlin. Nach einer Studie des Instituts für Wirtschaft und Verkehr der TU Dresden gibt bundesweit aber gut die Hälfte wieder auf, meist im ersten Jahr. Die Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg nennt ähnliche Werte.

Frank Wojciechowski ist mit seinem zweiten Jahr als Unternehmer „sehr zufrieden“. Den Kundenstamm habe er fast verdoppelt. Seit Juli 2003 versichert Wojciechowski, 52 Jahre alt, Haushaltsgeräte, für 21 Euro im Monat. Fernseher, Kühlschrank, Waschmaschine. Er hat sich „an eine Schwelle herangetastet, ab der finanziell etwas hängen bleibt“. 2500 bis 3000 Euro Einkommen im Monat hat er ab Mitte 2006 veranschlagt, wenn seine Förderung ausläuft. Bis dahin will er investieren, um seine Firma mit Beilagen in Firmenzeitschriften bekannt zu machen. „Aber ohne Hilfe von Banken“, sagt er. Einen Kredit von 25000 Euro, wie ihn Merit Schambach aufgenommen hat, um Laden und wichtige Maschinen zu finanzieren, so etwas lehnt er strikt ab.

Die Werbung in eigener Sache verbessern – das hat sich auch Susann Güngör vorgenommen. So bietet sie neuerdings neben Feng-Shui-Beratungen auch Mietwohnungen an. „Ist oft eine Zielgruppe“, sagt sie. Bevor sie ihre Ich-AG gründete, war sie Flugbegleiterin. „ Ich habe meinen Traumberuf gefunden. Und ich will den Erfolg.“ Im nächsten Jahr will sie von ihrem Unternehmen leben.

Traumberuf, so weit würde Joachim Wittsack nicht gehen. „Ich tue, was ich gut kann“, sagt der 50-Jährige. Er war Architekt. Seit 2003 ist er freiberuflicher Architekt, und Kartendesigner. Seine Kunden suchen stilvolle Einladungen und Tischkarten für Feiern; oder Visitenkarten. „Das zweite Jahr war gut“, sagt Wittsack. „Aber wenn meine Freundin nicht gut verdiente, wäre ich das Wagnis der Selbstständigkeit gar nicht eingegangen.“

Marc Neller

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