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Fanartikel in den Nationalfarben schwarz-rot-gold sind zur Fußball-EM wieder sehr gefragt.

© dpa

Den Emotionen auf der Spur: 45 Euro fürs Fußball gucken

Forscher der FU untersuchen den Einfluss der Fußball-EM auf das Wir-Gefühl der Deutschen. Für die Studie werden noch Versuchskaninchen gesucht.

Alle zwei Jahre bricht kollektiver Fußballjubel aus. In Bars, auf Fanmeilen oder vor dem heimischen Fernseher fiebern und leiden die Menschen zusammen mit der Nationalmannschaft – und fühlen sich alle als Deutsche. Oder doch nicht? Eine Gruppe aus Soziologen, Psychologen und Neurowissenschaftlern der Freien Universität Berlin schaut sich bei der am Freitag beginnenden Europameisterschaft die gemeinsamen Emotionen genauer an. Die These: Erst wenn eine Gruppe etwas zusammen durchlebt hat, entsteht ein Gemeinschaftsgefühl. „Wir untersuchen, wie kollektive Identitäten entstehen und verankert werden“, sagt Sven Ismer, einer der Studienleiter.

Die Forscher benutzten schon die Weltmeisterschaft vor zwei Jahren als Experimentierfeld. Dabei kam heraus: Je mehr jemand bei der Fußball-WM mitfieberte, desto mehr identifizierte er sich danach mit Deutschland. Auch nationale Symbole wie die schwarz-rot-goldene Fahne wurden positiver wahrgenommen. Die Kehrseite: „Bestimmte Gruppen wurden abgewertet“, sagt Soziologe Ismer. So seien Behindertenfeindlichkeit und Homophobie deutlich angestiegen.

Nun wollen die Forscher ihre Studien weiter untermauern. Im Projekt „Kollektive Emotionen und nationale Identifikation“ forschen auf der einen Seite Soziologen, auf der anderen Seite Psychologen und Neurowissenschaftler. Am Schluss soll alles gemeinsam publiziert werden. Psychologe Stefan Schulreich lädt für sein Experiment vor und nach dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Portugal am 9. Juni zwei ganz unterschiedliche Gruppen zu sich ein. Zum einen Frauen und Männer, die das Spiel intensiv in einer Gruppe schauen, zum anderen welche, die die EM und vor allem das Portugal-Spiel gar nicht verfolgen. Über Fragebögen und eine Computer-Untersuchung möchte er herausfinden, welche Auswirkungen das Rudelgucken auf Emotionen und Entscheidungen habt. Für dieses Projekt werden noch Versuchspersonen gesucht, die für das Fußballgucken mit insgesamt bis zu 45 Euro belohnt werden.

Die Soziologen erheben ihre Daten in einer Online-Studie, an der sich jeder Zuhause am PC beteiligen kann. Mehrere hundert Teilnehmer sollen vor und nach der EM angeben, wie stark ihr Gemeinschaftsgefühl ist. Und weiter: Ob sie nach dem Turnier ein stärkeres Wir-Gefühl verspüren, lieber Steuern für sozial Schwache zahlen. Die EM könne auch das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb Europas stärken, sagt Sven Ismer.

Anmeldung und Teilnahme unter: stefan.schulreich@fu-berlin.de; die Online-Studie erreicht man unter dem Link: www.unipark.de/uc/D_und_EU/

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