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Berlin: Den Willen verwässern

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Was soll man machen gegen die Bomben auf Israel und den Libanon? Nehmen wir die diplomatisch gewundene Sprache der Nahost-Konferenz in Rom. „Die Teilnehmer der Rom-Konferenz sind entschlossen, sich sofort mit der größtmöglichen Dringlichkeit für einen Waffenstillstand einzusetzen, der der aktuellen Gewalt und Feindseligkeit ein Ende bereitet“, heißt es in der Erklärung. Das hört sich nach gar nichts an, jedenfalls sprachlich. Setzen sie sich nun für die Waffenruhe ein oder sind sie lediglich entschlossen, sich dafür einzusetzen?

Entsprechend äußerte sich die Bundeskanzlerin. „Wir müssen uns jetzt dafür einsetzen, dass die Waffen so bald wie möglich schweigen können, und zwar für mehr als nur einige Stunden“, sagte Angela Merkel im Interview des Tagesspiegels. Sie hätte auch kurz und klar sagen können: Wir setzen uns dafür ein, dass die Waffen so bald wie möglich schweigen. Schließlich ist es das Ziel, dass die Waffen tatsächlich schweigen, und nicht, dass sie schweigen können. Mit den Füllwörtern können und müssen wird die Aussage geradezu verwässert.

Nun ja, wir haben es häufig mit Ankündigungspolitik zu tun. Nicht immer sind es Politiker, die mit ihren Ankündigungen in sprachliche Fallgruben tappen. Meist tun es diejenigen, die andere in indirekter Rede zitieren. Im Rundfunk hörte ich neulich, der Sportler „kündigte an, weitermachen zu wollen“. Sätze wie diese hört und liest man ständig. Der Senator kündigte an, zügig entscheiden zu wollen. Der Oppositionsführer sprach dem Regierungschef die Fähigkeit ab, das Land regieren zu können. Dem Abgeordneten wurde der Versuch unterstellt, sich nur persönlich profilieren zu wollen.

Solche Satzenden klingen holprig und sind obendrein irreführend. Sie sind einfach überflüssig. Die Willensbekundung oder sonstige Kommentierung ist nämlich bereits in der Ankündigung oder Unterstellung enthalten. Korrekt drückt man sich anders aus. Der Senator kündigte an, zügig zu entscheiden. Oder: Der Senator sagte, er wolle zügig entscheiden. Der Oppositionsführer sprach dem Regierungschef die Fähigkeit ab, das Land zu regieren. Dem Abgeordneten wurde der Versuch unterstellt, sich nur persönlich zu profilieren.

Wollen, können, müssen, dürfen, mögen, sollen sind Modalverben, die die Art des Geschehens ausdrücken, etwa im Sinne einer Notwendigkeit, Vermutung oder Unterstellung. Sie haben im Nebensatz nichts verloren, wenn dies schon im Hauptsatz deutlich wird. Niemand droht ja auch damit, Konsequenzen ziehen zu wollen, denn die Drohung mit dem Willen statt mit der Tat ist eine leere Drohung. Mal sehen, was aus der weltpolitischen Entschlossenheit wird, sich für die Waffenruhe einzusetzen.

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