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© AKG

Denkmalschutz: Alles soll sich fügen

Die Fassade der Gedächtniskirche bröckelt. Können Patenschaften das Wahrzeichen retten? Die Kirchenstiftung erhofft sich eine schnelle Sanierung.

Sind 265 000 Euro Spenden für die geplante 3,5-Millionen-Euro-Sanierung des alten Gedächtniskirchenturms viel oder wenig? Die Fugen der Natursteinfassade bröckeln, der Turm müsste dringend ausgebessert werden, doch die Millionen lassen auf sich warten. Seit drei Monaten läuft die Kampagne „Ein Kirchturm, der bewegt“, und so richtig klingeln die Kassen noch nicht. Gemeindevertreter Wolfgang Kuhla meint zwar, für ihn sei das Glas nicht halb leer, sondern halb voll, die Aktion bislang ein Erfolg. Und Pfarrer Martin Germer sagt, Spenden seien nichts Selbstverständliches, den Spendern gebühre erst einmal großer Dank.

Aber das Spendenglas füllt sich nur langsam. Fast 2000 Personen haben bislang gespendet, meist kleinere Beträge, 10 bis 100 Euro, Alba, Wall und die Berliner Bank gehören zu den Sponsoren und Förderern, der Hertha-Fanclub trug sein Scherflein bei, es gab ein Benefizkonzert. Der Kirche fehlt zum Beisteuern das Geld. Auch wenn ab 2009 von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 1,5 Millionen Euro aus Mitteln für denkmalgerechte Stadterneuerung fließen könnten, müssten die Spender immer noch zwei Millionen Euro aufbringen. Davon sind nun über zehn Prozent erreicht, aber zu wenig, um mit den Bauarbeiten zu beginnen. Der 68 Meter hohe Turm müsste innen und außen eingerüstet werden, allein das kostet rund 800 000 Euro.

Es gab mal den frommen Wunsch, eventuell schon im Frühjahr mit den Arbeiten zu beginnen. Das geht erst, „wenn die Finanzierung weitgehend sicher ist“, sagt Pfarrer Germer. Er hofft, dass dies in diesem Jahr gelingt. Um aufs Spendentempo zu drücken, sollen demnächst „Fugenpatenschaften“ angeboten werden. Die rund sechs Kilometer Fugen des alten Turms werden symbolisch aufgeteilt, und Spender dürfen ab 250 Euro bis zu 1000 Euro persönlicher Pate für ein Fugenstück werden, sich über eine Urkunde und namentliche Erwähnung auf einem ausgehängten Plan freuen. Ob 250 Euro Einstiegspreis für die Patenschaft doch eine zu hohe Hürde sind – darüber wird noch mit einer Agentur diskutiert.

Benefizkonzert für die Rettung des Turms

Die Firma Wall will in Kürze an der Ecke Kurfürstendamm/Rankestraße ein „Timescope“ aufstellen, wie es schon am Schlossplatz steht. Das Fernglas, auf die Kirche gerichtet, soll das Bauwerk im Lauf der Zeit zeigen und auf seine Bedeutung als Berliner Wahrzeichen hinweisen. Die Berliner Bank, die schon rote Rosen zugunsten der Turmsanierung verkaufen ließ und den Erlös aufstockte, wird in der nächsten Woche eine Benefiz-CD vorstellen, auf der zwölf Künstler ihre Version des Knef-Klassikers „Für Dich soll’s rote Rosen regnen“ singen. Edzard Reuter ist mit einem Sprechgesang dabei. Vor einer geplanten Thomas-Mann-Lesenacht mit Wolfgang Thierse und anderen Prominenten wird es am Ostersonntag, 23. März, um 18 Uhr wieder ein Benefizkonzert für die Rettung des Turms geben, der Bach-Chor der Kirche und die Berliner Singakademie führen die Messe in h-Moll auf.

Kirchenstiftung, Pfarrer und Gemeinde wollen nicht den Eindruck wecken, sie seien auf Moll gestimmt. Sie geben sich optimistisch. Man hätte es sich leicht machen können, den Turm zur „Litfaßsäule“ erklären und über Werbung sanieren lassen. Aber die Turmruine, die an den Krieg erinnere und Verpflichtung zum Frieden sei, solle allein Herzenssache der Berliner und ihrer Gäste sein. In sechs Wochen werden wieder einmal Bauarbeiter-Bergsteiger das Gebäude hochklettern und nach Schäden abklopfen, damit nichts abfällt, der Breitscheidplatz gar gesperrt werden muss.

Während die Kirchen- und Gemeindevertreter darüber in der benachbarten Kapelle sprechen, vibriert leicht der Boden. Den Schwerlastverkehr und die nahe U-Bahn scheint auch der Turm zu spüren.

Weitere Informationen unter www.ein-kirchturm-der-bewegt.de. Spendenkonto Stiftung Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, Nr. 22 222 Berliner Bank, BLZ 100 200 00

Christian van Lessen

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