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Berlin: Der Adler ist gelandet

Auf dem Weg in die EU: Die polnische Tankstellen-Kette Orlen eröffnete ihre erste Station in Berlin

Rot statt blau, Orlen statt Aral und Lech Premium statt Hasseröder im Top-Tagesangebot – die Tankstelle an der Prenzlauer Promenade in Weißensee hat sich über Nacht erheblich verändert. Der polnische Konzern Orlen führt hier ab sofort die Geschäfte. Doch nicht nur an der viel befahrenen Ausfallstraße zum nördlichen Autobahnring wird der Autofahrer auf den neuen Namen an den Zapfsäulen treffen.

„Bis Ende des Monats landet der rote Adler auf weiteren zehn Stationen im gesamten Berliner Stadtgebiet“, kündigte Orlen-Generaldirektor Zbigniew Wrobel an. Außerdem würden in Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in den nächsten Jahren fast 500 bisherige Aral- und BP-Tankstellen umgeflaggt. Das Bundeskartellamt hatte die beiden Monopolisten zum Verkauf eines Teils ihrer Zapfstationen aufgefordert. Die polnische Firma ergriff die Chance zum Einstieg auf dem lukrativen deutschen Tankstellenmarkt und sicherte sich im Handumdrehen rund drei Prozent Anteil am Gesamtmarkt.

Allerdings wird der Berliner Autofahrer vorerst vergeblich bei Orlen – zusammengesetzt aus den polnischen Wörtern für Adler und Energie – auf niedrige Kraftstoffpreise hoffen. Das zeigte der gestrige Vergleich mit der nur wenige hundert Meter entfernten Shell-Tankstelle. „Wir bauen erst noch eine Billig-Marke auf, deren Name noch nicht feststeht“, sagte der Generaldirektor. „Im Moment suchen wir noch keinen Preiskampf, sondern wollen mit Qualität und Service überzeugen.“ Pächter Andreas Geppert bemühte sich sogar, die Neuerungen als wenig gravierend darzustellen. „Der Stammkunde wird kaum merken, dass er an einer neuen Station tankt“, versicherte er. „Er trifft auf die gleichen Mitarbeiter und erhält das Benzin in der gewohnten Qualität.“ Das komme nach wie vor aus deutschen Raffinerien und sei auf keinem Fall mit der teilweise minderwertigen Qualität der Kraftstoffe an Billigtankstellen in Polen zu vergleichen.

Während der Pächter die von drei leibhaftigen Adlern begleitete und von einer Heerschar polnischer Journalisten beobachtete Eröffnungszeremonie ziemlich gelassen verfolgte, herrschte beim polnischen Wirtschaftsminister Jerzy Hausner höchste Anspannung. Einen Tag vor dem Referendum über den EU-Beitritt sprach er von einem „handfesten Beweis für die Chancen Polens im vereinten Europa“. Sein Amtskollege Wolfgang Clement leistete Rückendeckung. Die Tankstellenübernahme sei ein „außerordentlich positives Signal“ für die Wirtschaftskraft Polens.

Seinen Deutschland-Sitz nimmt der Konzern nicht in Berlin. Er entschied sich für Elmshorn bei Hamburg. Überhaupt stagniert die Zahl polnischer Firmen in Berlin. Die Handelsvertretung der Botschaft sprach gestern von rund 20 Unternehmen, die vor allem im Dienstleistungssektor arbeiteten. Ihre meisten Geschäfte würden sie allerdings nicht in Berlin und Umgebung machen, sondern in den westlichen Bundesländern. Wegen der hoher Arbeitslosigkeit hätten Baufirmen beispielsweise kaum noch Zugang zum hiesigen Markt. Einzige Ausnahmen seien Fachbetriebe für den Denkmalschutz, hieß es.

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