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Berlin: Der Autofahrer-Bahnhof

Von heute an halten Züge in der neuen Ringbahnhalle Papestraße

Er soll der zweitwichtigste Bahnhof der Stadt werden – doch er wächst fast unbeachtet in die Höhe. Nur S-Bahn-Fahrgäste können derzeit bei der Vorbeifahrt sehen, wie die Baustelle sich fast täglich verändert. Für andere liegt der neue Bahnhof noch im Abseits. Ringsherum gibt es kaum Häuser, und auch die wichtigsten Straßen führen weit am Bahnhof vorbei. Doch das soll sich ändern, denn Papestraße soll einmal eine Station für Autofahrer werden – mit bis zu zwei Millionen Fahrgästen insgesamt im Jahr. Zwei Parkhäuser mit zusammen 2700 Stellplätzen sind geplant.

Eine weitere Etappe auf dem Weg zum großen Bahnhof wurde am Wochenende zurückgelegt. Gleisbauer legen dann das erste Gleis durch die neue Ringbahnhalle, in der dann vom heutigen Montag an zum ersten Mal die Züge Richtung Schöneberg halten werden. Im Juni soll das Gleis Richtung Osten folgen. Dann verkürzen sich die Wege für Umsteiger zur Nord-Süd-Bahn erheblich.

Der Bahnhof war seit seinem Bestehen ein Provisorium der langen Wege – nicht nur in der jetzigen Bauzeit. Zwischen Nord-Süd-Strecke und der sie eine Ebene höher kreuzenden Ringbahn ging es stets nur treppauf, treppab.

Mit der Entscheidung des Senats, des Bundes und der Bahn Anfang der 90er Jahre für das so genannte Pilzkonzept beim Ausbau der Bahnanlagen kam dann auch die große Stunde des kleinen Bahnhofs Papestraße. Neben dem Hauptbahnhof-Lehrter Bahnhof in der Stadtmitte sowie den neuen Stationen in Gesundbrunnen und Spandau sowie am Potsdamer Platz sollte auch im Süden der Stadt ein neuer Bahnhof entstehen. Hier sollen in Zukunft Züge des Fern- und Regionalverkehrs sowie der S-Bahn halten.

Deshalb werden neben dem S-Bahnsteig der Nord-Süd-Bahn drei weitere Bahnsteige für die Fernbahn gebaut. Der bisher abseits der Nord-Süd-Strecke liegende Bahnsteig der Ringbahn wurde neu direkt über diesen Bahnsteigen des Nord-Süd-Verkehrs gebaut. So können Fahrgäste über den Ringbahnsteig in Zukunft alle Bahnsteige der Nord-Süd-Strecken auf kurzen Wegen erreichen, über Rolltreppen und Aufzüge.

Der besonders breite Ringbahnsteig stellt auch die Verbindung zwischen Tempelhof und Schöneberg her. Einen ebenerdigen direkten Weg durch die Bahnhofsanlage gibt es nicht, was im Vorfeld der Planung auf heftige Kritik gestoßen war.

Aber nicht deshalb hatte die Bahn lange gezögert, mit dem Bau zu beginnen. Für das 150-Millionen-Euro-Projekt fehlte lange das Geld. Im Hau-Ruck- Tempo soll die Anlage jetzt zur Fußballweltmeisterschaft im Sommer 2006 betriebsbereit sein.

Fertig ist sie dann noch lange nicht. Denn für den Bau der beiden geplanten Parkhäuser des „Autofahrer-Bahnhofs“ sucht die Bahn Geldgeber. Selbst will sie nicht als Bauherr auftreten. Und solange kein Investor gefunden wird, werden die Parketagen auch nicht gebaut. Nur die Grundplatten, die auch als Bahnsteigdach fungieren, werden jetzt betoniert.

Immerhin denkt man darüber nach, wenigstens diese Etagen sofort als Stellflächen zu nutzten, damit 2006 tatsächlich auch Autos zum „Autofahrerbahnhof“ gelangen können, der dann vielleicht „Südkreuz“ heißt. Denn mit Papestraße kann fast niemand etwas anfangen. Alexander August Wilhelm von Pape war ein preußischer General, der mit der Bahn nicht viel zu tun hatte.

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