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Berlin: Der Beamte wird zum Auslaufmodell

Der Senat will immer mehr Beschäftigte zu Angestellten machen

In Berlins Schulen und Universitäten wird die Laufbahn des Beamten wohl bald zu einem Auslaufmodell. Mit dem Beschluss des Senats, neue Lehrer künftig nicht mehr als Beamte sondern nur noch als Angestellte zu beschäftigen, fällt jetzt eine weitere Bastion des deutschen Beamtenwesens.

Ob bei der Bahn, der Post, der Bank – wer früher an einen Schalter trat, sah sich in der Regel einem Beamten gegenüber. So ist dies schon lange nicht mehr. Die öffentlichen Banken trennten sich bereits ab den sechziger Jahren von ihren Beamten. Lediglich bei den Landeszentralbanken und der Bundesbank gibt es noch welche, weil es dort um hoheitliche Aufgaben geht. Und auch bei Post und Bahn sind sie ein Auslaufmodell. Lediglich diejenigen, die bei der Privatisierung der Unternehmen noch diesen Status hatten, durften ihn behalten. Sie hatten Bestandsschutz – bundesweit sind das bei der Post noch rund 53 000 und bei der Bahn 50 000 Beamte. Mit jeder Neueinstellung aber verringert sich ihr Anteil an der Belegschaft.

Nun will auch der Senat die Zahl seiner Staatsdiener reduzieren. Vor allem Innensenator Ehrhart Körting möchte gern die Beamten auf die hoheitlichen Kernaufgaben – Justiz, Polizei, Feuerwehr, Finanzämter – beschränken. Die große Gruppe der Lehrer aber soll diesen Status künftig, wie gestern berichtet, nicht mehr erlangen. Beamte genießen unter anderem das Privileg derUnkündbarkeit, das Angestellten im öffentlichen Dienst erst nach 15 Jahren zusteht.

„Die Verbeamtung eng halten“ nennt Senatssprecher Michael Donnermeyer als Ziel der Senatsinitiative. Damit wolle man jetzt bei den Lehrern sowie den Hochschuldozenten und Professoren beginnen. Nur im Ausnahmefall sollen diese künftig noch von ihrem Dienstherrn – dem Bildungs- oder dem Wissenschaftssenator – ernannt werden können. „Ob ein Pädagoge ein guter Lehrer ist oder nicht, hängt nicht von seinem Beamtenstatus ab“, sagt etwa Bildungssenator Klaus Böger. In erster Linie sei der Status eine finanzielle Frage. Denn verbeamtete Lehrer sind für den Senat während ihrer aktiven Zeit billiger – für sie müssen keine Beiträge zu den Sozialversicherungen bezahlt werden. Dafür muss aber nach ihrer Pensionierung im vollen Umfang für ihre Ruhestandsbezüge aufgekommen werden. Zurzeit sind im unmittelbaren Landesdienst rund 81 000 Beamte sowie 65 000 Angestellte und 15 000 Arbeiter beschäftigt. Bereits zum Jahresende wurde einigen skurrilen Beamtenlaufbahnen der Garaus gemacht. Einen verbeamteten Weinkontrolleur etwa soll es künftig nicht mehr geben. Auch Gesundheitsaufseher oder Lebensmittelkontrolleure sollen künftig Angestellte sein. Insgesamt zehn Laufbahnen wurden gestrichen. Bei seiner Reform des öffentlichen Dienstes hat Innensenator Körting nicht nur die Beamten im Visier; er will noch weiter gehen. Auch der Bundesangestelltentarif, kurz BAT, soll darauf überprüft werden, ob er noch zeitgemäß ist.

Der Berliner Vorsitzende des Beamtenbundes, Joachim Jetschmann, hält Körtings Überlegungen zum Beamtenstand für „populistisch“ und nicht begründet. Dass Lehrer so ohne weiteres nicht mehr Beamte werden sollen, diese Auffassung teilt er nicht. „Auch die Zensurengebung ist eine hoheitliche Aufgabe“, sagt Jetschmann, und diese müssten laut Grundgesetz von einem Beamten erledigt werden. So eng würde es Ilse Schaad, Tarifexpertin der Gewerkschaft GEW, nicht sehen. Wenn es bundesweit eine klare Entscheidung dafür gäbe, Lehrer künftig als Angestellte einzustellen, könnte sie damit leben. Nur wenn Berlin dies im Alleingang macht, könne es nicht gut gehen. Die anderen Bundesländer würden dann der Stadt den rar werdenden Lehrernachwuchs mit besseren Angeboten wegschnappen, sagte Schaad: „Die bieten zum Teil schon Dienstwohnungen für Lehrer und wir nur immer schlechter werdende Bedingungen.

Dass der öffentliche Dienst durch eine Ausdünnung des Beamtenstandes flexibler wird, hält Beamtenbund-Chef Jetschmann „für absoluten Quatsch“. Körting habe dies immer politisch pauschal behauptet, den Beweis sei er aber nie angetreten. Nach Jetschmanns Auffassung ist vielmehr das Gegenteil der Fall: Eine Beamter könne im Prinzip überall eingesetzt werden, ein anderer Beschäftigter hingegen dürfe nur Aufgaben übernehmen, die sein Tarifvertrag vorsieht. Und dass Angestellte und Arbeiter billiger seien, glaubt Jetschmann auch nicht.

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