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Berlin: "Der Bevölkerung": Kunststück: Berliner Sand

Schwungvoll schiebt der FU-Präsident den Spaten in den Boden. Doch mit dem Berliner Sand hat er jede Menge Grünzeugs erwischt.

Schwungvoll schiebt der FU-Präsident den Spaten in den Boden. Doch mit dem Berliner Sand hat er jede Menge Grünzeugs erwischt. "Sollen wir auch das Unkraut mitnehmen?", fragt Peter Gaethgens. "Ja, das gehört doch zum Kunstwerk dazu", sagt Renate Rennebach. "Im Ernst?" Der FU-Präsident scheint nicht sicher. Doch Renate Rennebach, SPD-Bundestagsabgeordnete für Zehlendorf und Steglitz, schaufelt unbeirrt weiter Sand in einen Jutesack. Schließlich ist sie von Hans Haackes umstrittenem Erdtrog für den Reichstag überzeugt: "Eine pfiffige Idee." Und weil sie als erste Abgeordnete Berliner Boden einsackt, reicht ihre Überzeugung allemal für einen Auftritt mit Presserummel im Sommerloch.

Stellvertretend für ganz Steglitz und Zehlendorf hat Rennebach eine verkrautete Ecke eines Parkplatzes auf dem Gelände der Freien Universität ausgewählt, um ihren Beitrag auszugraben. "Die FU ist eine wichtige Institution in diesem Wahlkreis." Unterstützt vom Präsidenten, von Professor Hartmut Zinser, Stadtrat Klaus-Peter Laschinsky und dem Bezirksverordneten Detlef Ronnisch schaufelt sie zwei Säcke voll. Alle 669 Abgeordneten erhielten zwei dieser Säcke. Der Künstler ließ sie vorher bedrucken: "DER BEVÖLKERUNG / Erde aus dem Wahlkreis: / im Bundestag vertreten durch:". Die Leerstellen hat ein Mitarbeiter Rennebachs mit Filzstift gefüllt.

Renate Rennebach wird den Dahlemer Sand zunächst in der Garage ihres Wahlkreisbüros zwischenlagern. Denn zurzeit ist der Trog im nördlichen Lichthof des Reichstag noch im Bau. Erst am 12. September, wenn Bundestagspräsident Wolfgang Thierse als erster seinen Zentner Erde ausgeschüttet hat, können die anderen Abgeordenten folgen. Nach Haackes Plänen soll dann im Trog das fröhlich sprießen, was Erde und Wind herangetragen haben. Dazwischen sollen die Worte "Der Bevölkerung" in Anlehnung an die Inschrift "Dem Deutschen Volke" leuchten. Der Entwurf hatte heftige Diskussion ausgelöst, weil Abgeordnete darin eine Verunglimpfung des deutschen Volkes sahen und sich an die "Blut-und-Boden-Ideologie" der Nazis erinnert fühlten.

Wie viele Abgeordnete bereits ihre Säcke gefüllt haben, und wie viele schließlich Erde abladen werden, lässt sich nicht sagen. Die Teilnahme ist jedem freigestellt, der Transport der Erde wird selbst organisiert. Einziger Anhaltspunkt: Bei der Abstimmung im Bundestag waren 260 für die Realisierung von Haackes Vorschlag, 258 dagegen, 31 Abgeordnete enthielten sich.

jou

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