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Berlin: Der Brandstifter war erst zwölf

Moabiter Feuerkatastrophe: Junge gestand Zündelei im Hausflur, bei der neun Menschen starben. Familie machte Falschaussage

Der Täter, der im Hausflur gezündelt hat und letztlich einen Brand mit neun Todesopfern auslöste, ist zwölf Jahre alt. Er gehört zu der Großfamilie, die alleine vier Menschen in den Flammen verloren hat. Der Brand in der Moabiter Ufnaustraße 8 in der Nacht zu Dienstag hatte Diskussionen über Feuerwehrtaktik und Brandprävention in Berlin ausgelöst. „Immerhin ist jetzt bewiesen, dass es kein Anschlag war“, sagte ein arabischer Mieter. Der Zwölfjährige war für seine Kokeleien im Haus bekannt – er soll vor zwei Monaten bereits ein Feuer im Keller verursacht haben. Deshalb soll sich die Familie darauf verständigt haben, bei der Polizei auszusagen, dass die Brüder um 20 Uhr im Bett gelegen hätten. „Wir müssen der Familie unterstellen, dass sie wusste, dass es ihre Kinder waren“, hieß es bei der Kripo.

Die Familie der Täter gehört zu der Großfamilie von Roma und Sinti, die nach dem Brand der Feuerwehr angesichts des schrecklichen Ausmaßes schwerste Vorwürfe erhob. Feuerwehrchef Broemme sagte gestern: „Ich bin befremdet, dass gerade diese Familie uns so heftige Vorwürfe gemacht hat.“ Das Kind habe die Folgen des Kokelns nicht abschätzen können, betonte Broemme. Die Kinder sind juristisch strafunmündig, da sie noch nicht 14 sind. Auch der Mutter und ihrem Lebensgefährten drohe keine Strafe, da Falschaussagen zugunsten der Familie erlaubt sind. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Dalheimer drohen der Familie aber Zivilklagen. Doch da die Familie Sozialhilfe beziehe, könne sie kaum Schadenersatz leisten. Gegen die Mutter werde wegen Verletzung der Fürsorgepflicht ermittelt, da die Kinder um 23 Uhr unbeaufsichtigt waren.

„Das Ergebnis ist bedrückend“, sagte Chefermittler Michael Schultz; die falschen Aussagen verzögerten die Aufklärung. In den vergangenen Tagen hatte die Kripo eine andere Familie aus dem Haus verdächtigt. Erst am späten Montagnachmittag beichtete der Zwölfjährige. Zuvor hatten die Ermittler minutiös aufgezeichnet, wer sich wann wie lange im Hausflur aufgehalten hatte. Dabei stellte sich heraus, dass der Zwölfjährige der letzte war, der dort gesehen wurde. Er will an diesem Montagabend vor einer Woche Zeitungspapier auf dem Fußboden des Treppenhauses mit einem Feuerzeug entzündet haben. Nach Minuten griffen die Flammen auf die Kinderwagen daneben über. Er habe noch vergeblich versucht, die Flammen auszuschlagen und zu -treten. Nach den Ermittlungen der Kripo muss das Feuer schon 15 bis 20 Minuten gebrannt haben, als die Feuerwehr eintraf. Da die Feuerwehr nach der Alarmierung nur fünf Minuten gebraucht habe, müssten bis zum Notruf zehn bis fünfzehn Minuten vergangen sein. Ob für diese Verzögerung das Kind oder die Erwachsenen verantwortlich sind, weiß die Polizei nicht. Klar ist, dass die Mutter den Notruf erst wählte, nachdem mehrere andere Hausbewohner angerufen hatten. Löschversuche hätten die Erwachsenen nicht unternommen, sagte Schultz. „Kinder in dem Alter unterliegen der Faszination des Feuers“, sagte der für Branddelikte zuständige Dezernatsleiter Michael Havemann. Nicht jedoch der neunjährige Bruder: Er soll große Angst vor den ständigen Kokeleien gehabt haben, sagte Staatsanwältin Ines Karl. Der Kleine habe schließlich dem Druck der Familie, zu lügen, nicht mehr standgehalten. Danach gab der Ältere das Feuerlegen zu. Beide Jungen sind jetzt in Obhut von Verwandten, sie sind traumatisiert, sagte Kriminaloberrat Havemann. Die Mutter lebt mit zwei weiteren Kindern und einem Lebensgefährten im Hinterhaus.

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