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Berlin: Der Bundestag hetzt durch den Tiergarten

Es gibt Termine, die auf Fotografen und Kameramänner eine besondere Anziehungskraft ausüben. Da kommen sie in Scharen, rempeln, stoßen und treten sich gegenseitig.

Es gibt Termine, die auf Fotografen und Kameramänner eine besondere Anziehungskraft ausüben. Da kommen sie in Scharen, rempeln, stoßen und treten sich gegenseitig. Das ist so, wenn Bruce Willis im Adlon absteigt beispielsweise. Ernst August den Schirm hervorholt. Oder knapp 200 Mitglieder und Angestellte des Bundestages durch den Tiergarten joggen. Bitte?

Richtig. Denn das Ereignis klingt nur ein wenig dröge. Wo sonst bekommen Fotografen die Gelegenheit, den ehemaligen Außenminister beim Strippen zu knipsen? Politiker beim Schwitzen? Und den Bundestagspräsidenten mit einer Wumme in der Hand? Eben, nur bei der Premiere des Berliner Bundestagslaufs. 7,2 Kilometer ging es auf dem Rundkurs für die gut Trainierten durch den Tiergarten, die übrigen gaben sich mit 3,6 Kilometern zufrieden. Wie beispielsweise Klaus Kinkel, Bundesaußenminister a.D. "Ich jogge seit über 30 Jahren", sagte der FDP-Politiker. Als Kinkel dann beim Ausziehen der Trainingshose auf dem linken Bein ins Hopsen geriet, stand der Mann in einem Gewitter der Blitzlichter.

In Berlin hatte das sportliche Ereignis gestern Premiere, in Bonn jahrelang Tradition. Auch schon damals liefen die Politiker joggend im Schatten des Bundestages, nur nannten sie den Wettkampf in Bonn noch "Bannmeilenlauf". Sicher ist, dass sich die Herren und Damen schon immer vor dem Start zu Zitaten und Vergleichen haben hinreißen lassen. Wie der Bundestagsabgeordnete Friedbert Pflüger beispielsweise: "Die Politik ist ein Marathonlauf!" Kinkel toppte: "Dabeisein ist alles!" Und einer der nicht ganz so Bekannten sagte: "Wer über sieben Kilometer läuft, ist fit. Der kann auch fitte Politik machen!"

Mit am Start stand auch das DDR-Radsportidol Täwe Schur. Heute sitzt der Mann für die PDS im Bundestag, fühlt sich aber noch immer "zum Sport berufen". Andere Abgeordnete wollten gerne mitmachen, konnten aber nicht. Weil sie ab 13 Uhr im Bundestag erwartet werden oder andere Termine haben. Auch Außenminister Joschka Fischer hatte vor dem Start seine Meldung zurückgezogen. Der Marathonmann kam erst am Morgen aus Washington zurück und wollte sich nachmittags bereits wieder mit seinem finnischen Amtskollegen treffen.

Der Terminplan von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse erlaubte gerade Mal zwei Startschüsse. Doch im kommenden Jahr, das versprach Thierse mit der Pistole in der Hand, will er besser planen. "Damit ich mich die Strecke mit entlang schleppen kann."

PS. Gewonnen haben die Langstrecke übrigens Thomas Völzke (Gastläufer) und Dorothea Störr Ritter (CDU-Abgeordnete).

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