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Berlin: „Der Druck auf Keskin wächst“

Wie türkische Blätter über die Haltung zum Armenier-Genozid berichten

In den Streit um den Bundestagsabgeordneten Hakki Keskin (Die Linke) und dessen Haltung zum Völkermord 1915/16 im Osmanischen Reich hat sich jetzt auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Kenan Kolat, eingeschaltet. Die türkischstämmigen Abgeordneten, die in deutschen Parlamenten sitzen, fordert er auf, sich mit Hakki Keskin zu solidarisieren, der wiederholt den Völkermord in Zweifel gezogen hat. „Erhebt eure Stimmen“, zitierte die Tageszeitung Türkiye am Sonntag auf ihrer Titelseite Kenan Kolat. „Der Vorsitzende der TGD, Kenan Kolat, ruft unsere Landsleute und die türkischstämmigen Abgeordneten dazu auf, den Bundestagsabgeordneten Hakki Keskin zu unterstützen, der unter Druck gesetzt wird, damit er den angeblichen Völkermord an den Armenier anerkennt“, hieß es in den Unterzeilen.

Anlass des Berichtes war ein Brief Kolats an den Vorsitzenden der Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jochen-Konrad Fromme. Dieser hatte von der Linksfraktion gefordert, „ihr Mitglied zur Ordnung zu rufen und ihn aufzufordern, die historischen Tatsachen vorbehaltlos anzuerkennen“. Offenbar erregte Kolat eine Zahl, die Fromme nannte. Fromme hatte geschrieben, mehr als zwei Millionen Armenier seien damals während der Vertreibung ums Leben gekommen. Der Bundestag hatte in seiner Resolution aus dem Jahr 2005 von einer Million Opfer berichtet. Die Frage nach dem Völkermord soll von Historikern geklärt werden, sagt Kolat. „Die Internationalen Gerichte haben zwei Völkermorde anerkannt. Der eine ist in Deutschland, der andere in Jugoslawien passiert“, zitierte die Türkiye ihn.

Auch die Hürriyet machte am Sonntag diesen Streit zum Thema. „Reaktion auf armenischen Druck auf Keskin“, lautete die Überschrift zu einem Anriss auf der Titelseite. „Weil er den angeblichen Völkermord nicht anerkennen will, wird in Deutschland der Druck auf den Bundestagsabgeordneten der Linkspartei, Hakki Keskin, zurückzutreten, immer größer“, berichtete Hürriyet.

Der Bundestag erkannte im Jahre 2005 in einem gemeinsam von SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP gestellten Antrag den Genozid an den Armeniern 1915/16 an. Dieser sei von zahlreichen unabhängigen Historikern, Parlamenten und internationalen Organisationen so bezeichnet worden, heißt es darin. Nach unabhängigen Berechnungen fielen den Deportationen und Massenmorden über eine Million Armenier zum Opfer. Auch das Deutsche Reich habe damals nicht versucht, die Gräuel zu stoppen, heißt es in dem Beschluss.

Suzan Gülfirat

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