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Berlin: Der Ex-Ex-Ex-Club

Alles eine Frage des richtigen Konzepts, davon ist Tina Schultz überzeugt. Die roten Ledersofas da drüben in der Ecke müssen raus, und auch die bunten Graffiti-Bilder an den Wänden sollen abgehangen werden.

Alles eine Frage des richtigen Konzepts, davon ist Tina Schultz überzeugt. Die roten Ledersofas da drüben in der Ecke müssen raus, und auch die bunten Graffiti-Bilder an den Wänden sollen abgehangen werden. „Das hat was Trashiges“, sagt Schultz und betrachtet die Gegenstände abschätzig wie einen Feind, den es ruhig zu stellen gilt. Bis zum heutigen Freitag muss sie das erledigt haben. Dann feiert der „Rekorder“ in den S-Bahnbögen an der Jannowitzbrücke Neueröffnung.

Für Berlins Partygänger ist die Adresse keine unbekannte. Einst befand sich in dem Backsteingewölbe „Kruses Sportsbar“, später dann der „Safe-T“-Club. Zwischenzeitlich versuchte Buchautor Wladimir Kaminer, hier einen Ableger seiner Russendisko aus dem „Kaffee Burger“ zu etablieren. „Rodina“ nannte er sein neues Baby, Heimat, was nichts half, denn nach nicht einmal fünf Monaten verließ Kaminer diese Heimat schon wieder. Danach übernahm Reza Maleki den Laden, taufte ihn auf „Music Hall“ und veranstaltete Depeche-Mode- und Dark-Wave-Partys. Der Erfolg war mäßig.

Depeche Mode und Dark Wave. Das soll nun der Vergangenheit angehören, sagt Tina Schultz, 24. Sie ist die Clubmanagerin des Rekorders, Betreiber Reza Maleki setzt auf ihr Gespür und ihre Erfahrung. Die gelernte Veranstaltungskauffrau organisierte nach ihrer Ausbildung Konzerte und Partys, etwa im – mittlerweile geschlossenen – „Bangaluu“ an der Invalidenstraße in Mitte. Zuletzt arbeitete sie bei einem Internetportal für Merchandise-Artikel von Bands wie The Whitest Boy Alive und Kings of Convenience.

In diese Richtung soll nun auch das musikalische Programm des Clubs gehen. Ein bisschen Indie. Ein bisschen Elektro. Ab und zu Techno. Geöffnet wird vorerst freitags, samstags und montags, sobald es draußen wärmer ist vielleicht auch sonntags, was sich anbietet, weil man am Wasser sitzen kann. Zur Eröffnungsparty heute Abend stellen sich die Jungs von Kissogram an die Plattenteller, für den April sind Jeans Team gebucht. Beide Bands sind feste Größen der Berliner Szene und sollen zum Imagewandel des Partyortes beitragen.

Warum bislang so viele Veranstalter hier gescheitert sind? Tina Schultz überlegt. Dann sagt sie: „Es kommt darauf an, wie man sich verkauft.“ Der Laden, die Einrichtung seien immer ein bisschen zu glatt gewesen, zu unauthentisch. „Die Leute stehen eher auf abgeranzte Schuppen und Industriehallen.“ Deshalb müssen die roten Ledersofas und Graffiti-Bilder raus. Klar ist aber: Mit ein paar Handgriffen verwandeln sich die Räume nicht in ein zweites „Berghain“. Es fehlt Patina.

Tina Schultz sagt, dass sie mit anderen Clubs nicht konkurrieren, sondern lieber ein eigenes Profil entwickeln wolle. Das klingt einfacher, als es ist. Sie steht am Eingang des Clubs, man erreicht ihn über eine schmale Treppe, dann steht man auf einer Terrasse direkt an der Spree. Die Sonne glitzert auf der Wasseroberfläche. An der Tür kleben noch Plakate der Music Hall. Tina Schultz kratzt an einer Ecke. „Die kommen auch noch weg.“ Sie klingt dabei sehr zuversichtlich.

Holzmarktstraße 6–9, Mitte. Beginn: 23 Uhr, Eintritt 4 Euro

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