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Der Polizist Peter G. stand wegen unerlaubten Waffenbesitzes am Dienstag vor Gericht.

© Olaf Wagner

Exklusiv

Besitz von Schlagringen: Staatsanwalt will höhere Strafe für Berliner Polizisten

Gegen ihn wird seit dem Unfalltod von Fabien Martini ermittelt. Jetzt will die Staatsanwaltschaft erneut einen Prozess gegen Peter G. – wegen Waffenbesitzes.

Die Staatsanwaltschaft geht weiter gegen den Polizeibeamten Peter G. vor. Nach einem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten gegen G. wegen illegalen Waffenbesitzes hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt und will einen neuen Prozess in der nächsten Instanz. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Justizkreisen.

Bei der Berufung geht es um den Besitz zweier Schlagringe. G. war Ende Juli zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 85 Euro, insgesamt 1700 Euro, verurteilt worden. Denn seiner Wohnung waren bei einer Durchsuchung im April zwei Schlagringe gefunden worden. Allein deren Besitz ist verboten. 

Die Staatsanwaltschaft fordert in ihrer Berufung kein Aufrollen des gesamten Prozesses, sondern nur ein härteres Urteil.  Aber auch dann müsste G. sich erneut in öffentlicher Verhandlung vor Gericht verantworten.

Die vom Amtsgericht ausgesprochene Geldstrafe im unteren Bereich entspricht aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht dem Tatvorwurf des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes. 

Vielmehr müsste berücksichtigt werden, dass G. die Schlagringe spätestens seit 2016 besessen und als Polizist von der Strafbarkeit gewusst habe. Die sei im Urteil nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte vor dem Amtsgericht eine Geldstrafe von 5400 Euro gefordert.

Ein Schlagring - nach dem Waffengesetz ist der Besitz verboten und strafbar.
Ein Schlagring - nach dem Waffengesetz ist der Besitz verboten und strafbar.

© Malte Christians/dpa

Bemerkenswert ist allerdings, wie das Verfahren zu den Schlagringen in Gang gekommen war. Zur Erinnerung: Peter G. ist am 29. Januar 2018 in Berlin-Mitte mit einem Streifenwagen zu einem Eil-Einsatz mit Blaulicht gefahren und mit Tempo 134 durch den Tunnel am Alexanderplatz gerast. 

Zur selben Zeit steuerte die damals 21 Jahre alte Fabien Martini ihren Wagen auf der Grunerstraße von der rechten Fahrspur über die komplette Fahrbahn nach links. Dann knallte der Einsatzwagen gegen Martinis Wagen, sie starb am Unfallort.

Der Unfallort. Der Renault Clio wurde völlig zerstört. Schon vorher kam es an der Stelle zu schweren Unfällen.
Der Unfallort. Der Renault Clio wurde völlig zerstört. Schon vorher kam es an der Stelle zu schweren Unfällen.

© Maurizio Gambarini/dpa

Monatelange ermittelte die Staatsanwaltschaft. Das Verfahren stand kurz vor dem Abschluss, da wurde ein neuer Verdacht laut: War G. bei der Einsatzfahrt betrunken? Die Eltern der Getöteten macht über ihren Anwalt monatelange Druck.

Im Januar beschlagnahmte die Polizei die Krankenakte von G. in der Charité, wo er und sein Kollege nach dem Unfall behandelt wurden.

Ein Jahr danach. Die Eltern von Fabien Martini wenden sich in ihrer Trauer und Wut jetzt an die Öffentlichkeit.
Ein Jahr danach. Die Eltern von Fabien Martini wenden sich in ihrer Trauer und Wut jetzt an die Öffentlichkeit.

© Stefan Jacobs

Vermerkt ist in der Akte ein Blutalkoholwert von 1,1 Promille. Doch den Formalien für eine Alkoholuntersuchung von Autofahrern genügt das nicht – dafür wären zwei Blutproben in einem bestimmten zeitlichen Abstand nötig gewesen.

Nachdem die Staatsanwaltschaft Ende Januar 2019 die Patientenakte bei der Charité beschlagnahmt hatte, gelangten die Details auch an die Öffentlichkeit. Im Zuge dessen veröffentlichten verschiedene Medien auch Fotos von Peter G. Sie stammten von seinem Foto-Blog, inszenierte Bilder. 

Auf einem Foto hält G. sich einen Revolver an die Schläfe. Der Blog war den Vorgesetzten bekannt. G. war von 2012 bis 2017 mit einer Agentur für Fotodesign und Event-Management einer genehmigten Nebentätigkeit nachgegangen. 

SEK-Beamte der Berliner Polizei durchsuchten im April die Wohnung von Peter G.
SEK-Beamte der Berliner Polizei durchsuchten im April die Wohnung von Peter G.

© Christoph Soeder/dpa

Im Rahmen von Auftragsarbeiten  für Bands und Firmen seien die Bilder mit den Waffen entstanden, hatte der Anwalt von G. erklärt. Die zwei goldfarbenen, übergroßen Schlagringe seien Requisiten gewesen, die er nach dem Ende der Firma mitsamt Kleidungsstücken in der Truhe verwahrt habe. 

Die Revolver von den intern bekannten Fotos interessierten die Polizei lange nicht – sondern erst, als die Unfall-Ermittlungen auf einen Alkoholverdacht ausgeweitet wurden und die Fotos veröffentlicht wurden. Polizeivizepräsident Marco Langner schaltete sich nach Tagesspiegel-Informationen im Februar persönlich ein. 

Über den Leitungsstab des Landeskriminalamtes ist das für Beamtendelikte zuständige Kommissariat 341 angewiesen worden, schnellstens zu prüfen, ob G. einen Waffenschein besitzt. Falls nicht, sollten Ermittlungen eingeleitet und ein Durchsuchungsbeschluss bei der Staatsanwaltschaft beantragt werden.

Den erwirkte dann derselbe Oberstaatsanwalt, der auch die Ermittlungen zum Unfall führt. Er rückte im April mit einem Spezialeinsatzkommando der Polizei an der Wohnungstür von G. an. Der 51-Jährige ließ die Beamten herein, in einer abgestellten Truhe mit Verkleidung fand eine Beamtin zwei Schreckschussrevolver, eine Erlaubnis brauchte G. dafür nicht. Doch dann fand die Beamtin zwei Schlagringe.

Peter G. wurde die Ausübung der Dienstgeschäfte nach Bekanntwerden des Alkohol-Verdachts beim Unfall untersagt. Bei dem Urteil vor dem Amtsgericht hatte der Richter im Juli auch die persönlichen Konsequenzen, die G. durch die Medienberichte zu tragen habe, berücksichtigt.

Nach sonst gängiger Praxis ist der Fund von Schlagringen bei Personen, die nicht vorbestraft oder einschlägig auffällig geworden sind, fast eine Lappalie. 

Häufig ergehen auf Antrag der Staatsanwaltschaft Strafbefehle gegen die Beschuldigten ohne öffentlichen Prozess, dann handelt es sich um geringe Geldstrafen. Peter G. aber muss nun erneut vor Gericht erscheinen.

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