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Der Fall Jonny K.: Verteidiger stellen Gutachten in Frage

Im Prozess um den Fall Jonny K. sagten am Donnerstag Gerichtsmediziner aus - und mussten sich geringschätzige Fragen gefallen lassen. Am Ende musste Frank Heppner, Direktor des Instituts für Neuropathologie der Charité, auf Antrag eines Anwalts schwören, sein Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen abgegeben zu haben.

Der Charité-Professor wiederholte geduldig seine Ergebnisse, einige Verteidiger aber wollten Ungereimtheiten gesehen haben. Sie gaben keine Ruhe. Es gipfelte in Fragen, die arrogant und geringschätzig wirkten: „Wie alt ist das Mikroskop, mit dem Sie arbeiten.“ Frank Heppner, Direktor des Instituts für Neuropathologie der Charité, hatte das Gehirn von Jonny K. untersucht und eine Vorschädigung ausgeschlossen. Am Ende seiner Aussage musste der Experte am Donnerstag auf Antrag eines Anwalts schwören, dass er sein Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen abgegeben hat.

In dem neu gestarteten Prozess hatten erneut Mediziner das Wort. Jonny K. war kurz nach der Prügelattacke in der Nacht zum 14. Oktober ins Krankenhaus am Friedrichshain gebracht worden. Er hatte keine Reflexe, sagte eine Ärztin. „Es war keine ärztliche Hilfe mehr möglich.“ Schwerste Hirnblutungen. Ansonsten hätten äußerlich keine groß sichtbaren Verletzungen vorgelegen. Das hatte auch die Rechtsmediziner verwundert. Sie hatten angesichts der Berichte über den Angriff am Alexanderplatz einen übel zugerichteten Leichnam erwartet. Am Kopf wurden vier Verletzungen festgestellt.

Wie im ersten Anlauf der Verhandlung, die ein verärgerter und zu gesprächiger Schöffe zum Platzen gebracht hatte, standen die Juristen am Richtertisch und sahen sich Fotos der Untersuchungen an. Diesmal blieb Tina K., die Schwester von Jonny K., im Gerichtssaal. Ihr Blick ging ins Leere. Sie schien sich innerlich von dem Schrecklichen abzuschotten, das vorn erörtert wurde. Dagegen wirkten die sechs Angeklagten entspannt. Der 19-jährige Onur U. ließ sich Wasser geben, trank und musterte die vielen Zuhörer.

Die Rechtsmediziner sind sich sicher, dass es eine der vier Verletzungen war, die zu den tödlichen Hirnblutungen führte. Ursache können nach ihren Aussagen Faustschläge, Fußtritte, ein Sturz aufs Pflaster gewesen sein. Allerdings sei eine konkrete Zuordnung nicht möglich. „Jede einzelne Verletzung hätte zu den Blutungen führen können“, sagte Charité-Professor Frank Heppner. Er habe bei der Untersuchung des Gehirns keinerlei Hinweise auf Gefäßwandaussackungen gefunden, also einem Aneurysma, das Verteidiger als „möglicherweise nicht auszuschließen“ ins Spiel bringen wollten. Einige Anwälte stellten das Gutachten in Frage, einer verlangte Vereidigung.

Die Angeklagten haben die Beteiligung an der Prügelei zugegeben, bestritten aber Schuld am Tod von Jonny K. Sie gaben einen Tritt oder einen Schlag zu, durch den er nicht gestürzt und keine Kopfverletzungen erlitten habe. Einer der Verteidiger hat unterdessen Strafanzeige gestellt. Im Internet seien Fotos der 19- bis 24-Jährigen aufgetaucht, es werde zu Gewalt gegen sie aufgerufen. Sein Mandant Osman A. habe Angst.

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