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Berlin: Der Fall Sophia: Entführer zu fünf Jahren verurteilt

Der Entführer der damals neunjährigen Sophia aus Marzahn ist am Dienstag vom Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Das Urteil fiel in der Höhe deutlich geringer aus, als die vom Staatsanwalt geforderten neun Jahre.

Der Entführer der damals neunjährigen Sophia aus Marzahn ist am Dienstag vom Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Das Urteil fiel in der Höhe deutlich geringer aus, als die vom Staatsanwalt geforderten neun Jahre. Gleichzeitig ordneten die Richter die Unterbringung des 36-jährigen Berto B. in der Psychiatrie an. Der geständige Mann aus Hellersdorf wurde des sexuellen Missbrauchs, der sexuellen Nötigung, der Kindesentziehung und Freiheitsberaubung schuldig gesprochen.

"Es ist fraglich, ob er jemals wieder rauskommt", sagte die Vorsitzende Richterin Gabriele Eschenhagen. Die Unterbringung sei unbefristet und das schwerste Mittel der Bestrafung. Berto B. sei nicht gesund und passe nicht in das übliche Raster der Kinderschänder, sagte die Richterin. Es sei ihm bei seinen zwei schweren Straftaten nicht in erster Linie darum gegangen, sich an dem Mädchen zu vergehen. Er habe nach einer unrealistischen Harmonie gesucht. Zuletzt sollte ihm Sophia geben, was er bei Frauen nicht fand. Sie war auf dem Heimweg aus der Schule, als Berto B. sie am 4. Januar zufällig sah. Da hatte der gelernte Schlosser aus Enttäuschung über eine gescheiterte Beziehung beschlossen, sich "ein Mädchen zu holen". Er sprach Sophia an, zerrte die Neunjährige in seinen BMW. Er brachte sie in seine Wohnung, missbrauchte sie in vier Nächten und drei Tagen mehrfach. Sein erstes Opfer hatte er nach ähnlichem Muster entführt. Bianka war im Juni 1997 rund 24 Stunden in seiner Gewalt. Auch an dem damals zehnjährigen Mädchen aus Hellersdorf verging er sich.

Bei Sophia hätten die sexuellen Handlungen im "unteren Bereich" gelegen, hieß es im Urteil. Berto B. habe in ihr "sein" Kind gesehen und gleichzeitig eine Sexualpartnerin. Abgesehen von den Taten habe der Angeklagte die beiden Mädchen "nicht schlecht behandelt". Sophia habe bei ihren Aussagen bei der Polizei, die schließlich zur Festnahme des Angeklagten führten, zunächst sogar in einem Loyalitätskonflikt gestanden. Auf die Frage, warum sie in einem unbeaufsichtigten Moment nicht aus der Wohnung geflohen sei, habe Sophia erklärt, dass sie Angst hatte, auf der Straße möglicherweise auf einen "bösen Mann" zu treffen. Sophias Stiefvater allerdings kritisierte nach dem Urteil, er könne nicht verstehen, "dass das mit Sophia alles nicht so schlimm gewesen sein soll".

Berto B. sei Ich-bezogen, könne sich nicht in die Lage anderer Menschen hineindenken und sei wegen Depressionen mehrfach in Behandlung gewesen, sagte die Richterin. Berto B. hörte aufmerksam zu. Fast regungslos saß der etwa 1,70 Meter große, untersetzte Mann mit Schnauzbart und kurzen Haaren während der Urteilsverkündung auf der Anklagebank. Er hatte in der Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit viel aus seinem Leben berichtet. Das er sich in seiner Familie nicht geliebt fühlte, dass er nie Freunde fand und dass zwei Beziehungen scheiterten, weil die Frauen nicht seinen Vorstellungen entsprachen. Ein Gutachter hatte bei Berto B. eine schwere Persönlichkeitsstörung diagnostiziert und ihn als vermindert schuldfähig eingeschätzt. Dem schloss sich das Gericht an. Strafmildernd werteten die Richter das umfassende Geständnis des Angeklagten, weil er damit den Mädchen, die beide in psychiatrischer Behandlung sind, die Qual einer Aussage im Prozess erspart habe. "Was mit ihnen passiert, wir wissen es nicht", sagte die Richterin schließlich zum Angeklagten. Er, der bereits seit Juni in der geschlossenen Abteilung der Karl-Bonhoeffer-Klinik in Reinickendorf untergebracht ist, muss in der Psychiatrie bleiben. Solange, bis er als geheilt gilt.

Kerstin Gehrke

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