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Berlin: Der Flug der Sommer-Flocken

In diesem Jahr gibt es besonders viel „Pappelwolle“ in der Stadt

Es schneit, mitten im Sommer – diesen Eindruck hat man derzeit überall in Berlin. Die weißen Büschel, die der Wind durch die Stadt trägt und bis vor die Kameras der Übertragungsteams im Olympiastadion weht, stammen von den Pappeln. Selbst die Feuerwehr hat „sehr häufig mit dem Zeug zu tun“, sagt Sprecher Jens-Peter Wilke. Ganze Büschel geraten in Brand, weil Zigarettenkippen oder Autokatalysatoren sie entzünden. Pappelwolle sagt man indes eine heilsame Wirkung nach, etwa in Kissen. Aber dass so viel davon herumfliegt: Ist das normal – oder spielt die Natur verrückt? Wir sprachen mit Isolde Feilhaber vom Pflanzenschutzamt (Infos unter Hotline: 70 00 06 240).

Viele Berliner haben die weißen Büschel schon in der Wohnung. Die BSR setzt in manchen Gegenden Gehwegkehrmaschinen gegen die Flocken ein. Fliegen in diesem Jahr mehr Flusen durch die Gegend?

Ja, derzeit wird mehr so genannte Pappelwolle durch die Luft geweht als üblich, da die Bäume stärker geblüht haben. Die Samen sind mit dieser „Wolle“ versehen und werden durch den Wind verbreitet.

Liegt das am langen, harten Winter, dass das Grün jetzt so reagiert?

Nein, mit dem Winter hat das nichts zu tun, sondern mit dem Herbst. Der fiel ja vergangenes Jahr sehr mild und lang aus, so dass die Bäume gut ausreifen und reichlich Blüten anlegen konnten. Das gilt auch für Berlins Pappeln. Von den rund 416 000 Straßenbäumen sind etwa 10 376 Pappeln, das entspricht etwa 2,5 Prozent. Bald werden wir also wohl überall in der Stadt Schösslinge sehen.

Hat das Berliner Stadtgrün durch den Frost gelitten?

Glücklicherweise nicht so stark wie befürchtet. Bei den immergrünen Gehölzen hat es jedoch Ausfälle gegeben. Viele frühblühende Gehölze fingen verspätet mit der Blüte an, so dass sich der Frühjahresblütezeitraum von üblicherweise sechs bis acht Wochen auf wenige Wochen konzentriert hat. Wenn Sie genau hinschauen, blüht es aber überall weiter. Die Rosen etwa fangen ja jetzt erst an. Der Temperaturverlauf des Winters – erst wurde es langsam kalt, dann sachte wieder wärmer – war für die Überwinterung vieler Insekten günstig. Aber jetzt fliegt eben auch Pappelwolle herum...

...und schon wieder die Miniermotte...

Ja, leider sieht man schon wieder die kleinen Platzminen in den Blättern der weißblühenden Kastanie – dort frisst sich schon die erste Raupengeneration dieses Jahres von dem kleinen Schmetterling durchs Blattgrün.

Das Gespräch führte Annette Kögel.

Isolde Feilhaber

ist im Pflanzenschutzamt Berlin zuständig für die pflanzenschutzliche Beratung im Stadtgrün. Die 45-jährige Wilmersdorferin ist studierte Gartenbauingenieurin

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