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Berlin: Der Geist von Hohenschönhausen

Das deutsche U-20-Eishockeyteam will die B-WM gewinnen – in dem Stadion, wo die U 19 vor acht Jahren Vize-Europameister wurde

Ein Team von Teenagern sprang auf dem Eis freudig erregt und erfrischend wild durcheinander. Fast 5000 dauerklatschende Zuschauern bezeugten die Szene in der Eishalle im Sportforum Hohenschönhausen. Schließlich galt es eine Überraschung zu feiern, Deutschland hatte Russland geschlagen, im Eishockey. Im Seniorenbereich war so etwas damals, 1995, zwar keine weltbewegende Sensation mehr, im Nachwuchsbereich war es aber etwas Besonderes. Die deutschen Junioren holten am Ende der Europameisterschaft von Berlin die Silbermedaille. Lediglich gegen Turniersieger Finnland verloren die Deutschen.

Der Erfolg von Berlin ist noch immer eine Rarität. Denn die Leistungen des deutschen Eishockey-Nachwuchses waren danach zu durchwachsen, Medaillen gab es seit 1995 keine mehr. Acht Jahre hat es gedauert, bis wieder ein internationales Eishockeyturnier in Berlin stattfindet: unter ganz anderen Vorzeichen. Seit gestern spielen die deutschen U-20-Junioren im Sportforum Hohenschönhausen um die Teilnahme an der U-20-WM im kommenden Jahr. Bei der B-WM haben es die Deutschen mit Ungarn, Lettland, Dänemark, Slowenien und Kasachstan zu tun, nur der Turniersieger qualifiziert sich für die A-Gruppe und das Turnier in den USA.

Immerhin, jüngere Entwicklungen geben durchaus Anlass zur Hoffnung, dass es mit dem Eishockey-Nachwuchs aufwärts geht, die Deutschen das Turnier von Berlin gewinnen. Rund die Hälfte der Spieler des Teams von Bundestrainer Ernst Höffner kommt schon regelmäßig in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) zum Einsatz – auch die vier Berliner Spieler im Aufgebot. Die 19-jährigen Tobias Draxinger, Frank Hördler, André Rankel und Florian Busch gehören bei den Eisbären schon zum Stammpersonal.

Für die bis zum Sonnabend im Sportforum (Steffenstraße) stattfindende Junioren-WM wird das Quartett dem Klub natürlich fehlen. Und Manager Peter John Lee kann dem sogar etwas Positives abgewinnen. „Dass wir schon so weit mit unserer Nachwuchsarbeit sind, dass wir uns darüber beschweren, dass uns vier 19-Jährige bei drei Spielen fehlen, zeigt doch nur, welchen Fortschritt wir machen.“ Höffner ist ähnlicher Meinung. „Bei den Eisbären wird vorbildlich mit dem Nachwuchs gearbeitet“, sagt der Bundestrainer. Allerdings wird in Mannheim, Köln und Landshut noch mehr für den Nachwuchs getan: kein Wunder, dass Höffners Spieler überwiegend aus den genannten Orten kommen.

Trotz vergleichsweise guter Voraussetzungen, der Turnierfavorit muss nicht unbedingt am Ende der Turniersieger sein. „Länder wie Dänemark oder Slowenien haben große Fortschritte im Eishockey gemacht. Wenn wir anfangen, irgendjemanden zu unterschätzen, kann es böse enden.“ Das muss es aber nicht, findet Florian Busch. „Wir haben auch schon in der DEL gelernt, uns durchzusetzen, und das meist gegen ältere Spieler“, sagt der Stürmer von den Eisbären. „Wir sollten das Turnier gewinnen.“ Gestern beim ersten Spiel gegen Ungarn erfolgte der erste Schritt dafür: Deutschland siegte 9:1 (2:0, 6:0, 1:1). Der Berliner Rankel erzielte dabei das 1:0.

Doch für die jungen Profis geht es nicht nur ums Siegen. Sie wollen auch vorspielen, schließlich sind dieser Tage viele Talentspäher in Hohenschönhausen unterwegs, genau wie seinerzeit bei der EM 1995. Für zwei Spieler der damaligen deutschen Mannschaft ist der Traum von der ganz großen Karriere in Erfüllung gegangen: Jochen Hecht und Marco Sturm verdienen heute ihr Geld in der nordamerikanischen Profiliga NHL.

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