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Berlin: Der Gemälde-Doktor

Sieben Monate Dauerstress: Mit der Lupe kontrollierte Otto Hubacek die MoMA-Kunst

Entscheidet der Restaurator, ob ein Mann seine alte Mutter in einem Krankenbett durch die notorisch volle MoMAKunstschau schieben darf?

Otto Hubacek sagt – kommt vor. Erst kürzlich habe es für das MoMA eine entsprechende Anfrage gegeben. „Als Restaurator einer prominenten Kunstausstellung ist man heute auch Sicherheitsbeauftragter“, sagt Hubacek und lächelt. „Außergewöhnliche Anfragen gehören zum Job.“ Hubacek, 52 Jahre alt, betreut als Restaurator die Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie. Er prüft, ob das Licht zu hell ist. Ob die Raumtemperatur, die bei 20 Grad liegen muss, auch wirklich stimmt. Oder ob die Luftfeuchtigkeit die zulässigen 50 Prozent nicht übersteigt. Hubacek ist, sagen wir, der persönliche Hausarzt der MoMA-Show.

Als der Sommer auch wirklich ein Sommer zu werden schien und der Besucherandrang nicht abflaute, forderte er zusätzliche Kühlaggregate, die kalte Luft in die etwas altersschwachen Klimaanlagen blasen sollten. „Sonst hätten wir deutlich weniger Besucher einlassen dürfen.“

Mindestens einmal in der Woche, montags, am Ruhetag, hat er mit Lupe und Taschenlampe die Routineuntersuchung durchgeführt: den „Condition Check“. Hat sich der Zustand eines Bildes im Vergleich zur Vorwoche verändert? Sind Risse oder Kratzer zu sehen? Gar Fettflecken, weil jemand das Bild berührt hat?

Ambulant behandeln musste er bisher nicht, sagt Hubacek. Sein Befund: Die Kunst ist gesund. „Keines der Bilder hat hier einen Schaden genommen. Die Besucher waren diszipliniert.“ Hubacek erklärt das mit der „Würde der Show“ und „einem großen Respekt“ vor den berühmten Bildern. „Da hält man automatisch einen größeren Abstand als bei junger zeitgenössischer Kunst.“ Allein auf die Wirkung der Bilder verlassen wollte Hubacek sich nicht. Der Leihgeber, das New Yorker MoMA, schrieb eine Reihe von Auflagen in den Vertrag.

Am Montag werden die ersten Kunstwerke übergeben. Das New Yorker Museum schickt spezialisierte Teams. Später werden die Bilder und Skulpturen verpackt und in Flugzeugen nach New York zurückgeflogen. Van Gogh, Picasso und Matisse getrennt. „Keine Versicherung würde sich auf so einen Flug einlassen.“

Nervös, sagt Otto Hubacek, sei er bei keiner Ausstellung, der Wert der Bilder spiele dabei keine Rolle. „Sonst hätte ich seit 25 Jahren den falschen Beruf.“ Die Anfrage mit dem Krankenbett aber hat ihn etwas nervös gemacht. Er hat abgelehnt. „Es wäre sicher nicht bei dieser einen Ausnahme geblieben.“ mne

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