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Berlin: Der Glanz der frühen Jahre - Wie Jean Gabin Salzbrezeln aß

Oldtimer-Freunden zaubert es noch immer Glanz in die Augen, rollt ihnen ein Messerschmitt-Kabinenroller entgegen. Ein halbes Jahrhundert zurück war dieses Strahlen allgemein, galt die Pilotenkanzel auf Rädern als Inbegriff des Wirtschaftswunders.

Oldtimer-Freunden zaubert es noch immer Glanz in die Augen, rollt ihnen ein Messerschmitt-Kabinenroller entgegen. Ein halbes Jahrhundert zurück war dieses Strahlen allgemein, galt die Pilotenkanzel auf Rädern als Inbegriff des Wirtschaftswunders. Das Aufsehen, das zur Berlinale 1955 ein ganzes Geschwader von Kabinenrollern auslöste, muss also erheblich und garantiert schmunzelfrei gewesen sein. Der Anlass der Reklamefahrt? Ein neuer Film mit Richard Widmark. Sein Titel? Unwichtig. Aber die Szene trifft exakt das, was man Zeitgeist nennt.

Der hat mitunter die Form von Salzbrezeln, auf einem Teller hübsch drapiert, die Tischdecke blütenweiß. Auf dem Sofa zwei Männer: links Jean Gabin, rechts Willy Brandt. Man begegnete sich auf der Berlinale 1960. Ja, das war der Glanz der frühen Jahre. Fotografen wie Heinz Köster haben ihn festgehalten, unter Arbeitsbedingungen, die den heutigen kaum noch gleichen. Welcher Fotograf im Tagesgeschäft hat schon noch Zeit, Bilderserien zu komponieren.

Es liegt nahe, dass sich bei den ersten Filmfestspielen am Potsdamer Platz das Augenmerk vor allem auf Gegenwart und Zukunft richtet, obwohl gerade ein Jubiläumsfestival zum Rückblick einladen sollte. Schön also, dass neben dem überarbeiteten und erweiterten Buch "50 Jahre Berlinale" von Wolfgang Jacobsen (erschienen bei Nicolai) auch eine Ausstellung im Willy-Brandt-Haus mit Arbeiten von zehn Fotografen, darunter der für den Tagesspiegel arbeitenden Birgit Kleber, zur Besinnung einlädt. Gina Lollobrigida, wie sie sich 1958 durch die begeisterten Zuschauer und Zaungäste drängt, Sidney Pollack, der sich 1986 die Stechschrittparade an der Neuen Wache beguckt, all die Randbeobachtungen auf Pressekonferenzen, Premierenpartys, Empfängen, schließlich die Porträts von Schauspielern und Regisseuren - die Fotografen haben ihnen ein Denkmal gesetzt und ein Stück Stadtgeschichte dokumentiert. Zum Glück läuft die Ausstellung bis 19. März. Im Berlinale-Trubel würde sie leicht übersehen. Das wäre schade.

ac

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