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Berlin: Der Glanz muss von innen kommen

Schöner Schein allein reicht nicht mehr: Beim Star-Marathon siegte aufrichtiges Engagement über pure Selbstdarstellung

Februarfunkeln in Berlin: Innerhalb kürzester Zeit laufen gleich mehrere sternenreiche Galas über den Catwalk der Eitelkeiten. Mal angenommen, sie würden, wie einst Schneewittchen, fragen: „(Tages-)Spieglein, sag’ mir klar, wer war die Schönste in diesem Jahr?“

Etwas trat deutlicher als früher zutage und zwar bei allen drei Veranstaltungen: Glitzern allein reicht nicht mehr. „Gestatten, ich bin ein Star“, damit macht man allenfalls noch auf dem roten Teppich Eindruck. Sobald man aber die heiligen Hallen des eigentlichen Events betreten hat, darf es, muss es ein bisschen mehr sein. Jack Valenti, die graue Eminenz aus Hollywood, verglich beim US-Empfang für die amerikanischen Teilnehmer die Anstrengungen der jungen Talente mit dem Emporklettern eines Artisten an einem öligen Masten. Altgediente Haudegen des Unterhaltungsgeschäfts haben sich bei sowas so viele Muskeln geholt, dass sie fast übers Ziel hinaus schossen.

Moderation. Thomas Gottschalk etwa ging in seiner Moderation bei der Goldenen Kamera ausgiebig auf die Leibesfülle einiger im Publikum versammelter mächtiger Medienbosse ein. Dieter Kosslick und Klaus Wowereit frotzelten sich teils sehr persönlich an bei der Berlinale-Eröffnung. Anke Engelke erörterte anschließend lustvoll die Frage, ob bei einem so langen Schinken wie dem Eröffnungsfilm nicht eine vorherige Pinkelpause zwingend sein. Die Cinema for Peace Gala kam ohne verbale Anmache aus, wahrscheinlich weil sie ernste Themen mit Würde rüberbrachte. Mit silbernen Kandelabern auf festlich gedeckten Tischen wirkte das Schauspielhaus dabei eher noch ein wenig feierlicher als bei der Goldenen Kamera.

Catering . Das Borchardt-Menü war bei der Cinema for Peace Gala genau richtig für den Starappetit: leichte, unkomplizierte Speisen, handwerklich gut gemacht. Traditionell am üppigsten geht es bei der Goldenen Kamera zu. Allein der weiße Spargel im Februar steht für Luxus. Das auffällig edle Catering besorgte Do & Co. Auch das musikalische Beiprogramm mit dem israelischen Nachwuchsstar Liet Colet und Otto, der alten Rockröhre, hatte Stil und Spaßpotenzial. Zukunftweisend das Büfett im Berlinale Palast, wo Einhorn riesige Platten mit buntem Gemüse anrichtete, dazu Fisch servierte. Die klassische Star-Diät also. Wer in diesen Welten ankommen will, konzentriert sich auf leichtes und gesundes Essen.

Prominente . Der so genannt Promifaktor ist Geschmackssache. Die Goldene Kamera ist traditionell ein Pflichttermin für alles, was im deutschen Fernsehen Rang und Namen hat; egal, ob er Thomas Gottschalk heißt oder Karl Dall, ob ihr Name Iris Berben ist oder Veronica Ferres. Dazu Hollywood-Prominenz wie Jack Nicholson, Tony Curtis, Faye Dunaway, Peter Falk, Sylvester Stallone und Top Models wie Claudia Schiffer und Naomi Campbell.

Bei der Berlinale-Eröffnung ging’s nicht ganz so prunkvoll zu, obwohl Faye Dunaway und Claudia Schiffer wieder dabei waren, und mit Jury-Präsidentin Frances McDormand noch eine Oscar- Preisträgerin. Außerdem der Produzent Harvey Weinstein, der Regisseur Anthony Minghella und dazu die Stars des deutschen Films, zum Beispiel Daniel Brühl, Heino Ferch und Vadim Glowna.

Die Cinema for Peace Gala ist strikt der Kombination von Geist und Glamour verpflichtet. Mehr als anderswo und in fast schon amerikanisch anmutenden Ausmaßen wird von den teilnehmenden Stars glaubwürdiges Engagement erwartet. Liza Minnelli plauderte mit Christopher Lee, Christina Rau und der Schauspielerin Grace Jones. Immerhin erbrachte dieses zielgerichtete Feiern 300 000 Euro, zum Beispiel dafür, dass Unicef Kindersoldaten eine Alternative zum Krieg bieten kann.

Das ist eine neue Dimension von Glamour, an der sich andere Events künftig werden messen lassen müssen.

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