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Berlin: Der kleine Verleger für die großen Stars

Oliver Schwarzkopf macht mit Büchern über Rock und Pop von sich reden. Von den Rolling Stones bis zu Rocky Horror. Dabei mag er ganz andere Musik

Angefangen hat der Wahnsinn mit den dicken Fotobüchern wegen eines hässlichen Kalenders, den es vor Jahren für 4,99 Euro auf dem Weihnachtsmarkt gab.

In dem Kalender waren Fotos aus dem Film „Rocky Horror Picture Show“. Schlampiger Druck, schlimmes Papier, das ganze Produkt ein ziemlicher Schund. Aber die Motive waren super. Oliver Schwarzkopf mühte sich ab und fand die Adresse des Fotografen heraus, und dann schrieb er ihm einen Brief.

Der Verleger, der bis dahin Krimis und einen Graffiti-Band herausgebracht hatte, der sich für seine Firmengründung 1994 Geld vom Bruder leihen musste, weil Banken ihm nichts geben wollten, der bis heute in einem räudigen Hinterhof an der Kastanienallee haust, träumte auf einmal von opulenten Bildbänden.

Es dauerte ein halbes Jahr, bis die Antwort kam. Ja, schrieb Mick Rock, er habe noch mehr Fotos. Von der „Rocky Horror Picture Show“ und auch sonst. Und ja, Schwarzkopf könne die sehen. Was der dann sah, zusammengepfercht in einem Koffer, waren Bilder von Stars. Von David Bowie, Iggy Pop, Lou Reed, Bryan Ferry, Debbie Harry, den Ramones, Marianne Faithfull, Mick Jagger und Patti Smith. Er hat daraus „Blood & Glitter“ gemacht. Großformat, 224 Seiten, 500 Fotos. „Dit erste Buch“, sagt Schwarzkopf, der leicht berlinert, weil er aus dem Osten ist. Er sagt auch „ick“. Im Herbstprogramm von Schwarzkopf & Schwarzkopf, wie sein Verlag wegen der brüderlichen Starthilfe heißt, finden sich neue Bildbände zu Sweet, Alice Cooper, Neil Diamond. Was es schon gibt: AC/DC, Eminem, Rod Stewart. Neu ist noch das Fotobuch über die New Yorker Jahre von John Lennon und als Highlight ist verzeichnet: „Rocky Horror Picture Show – Das Buch zum Film.“ 272 Seiten, etwa 300 Abbildungen.

Der Mann mit den dicken Büchern ist selbst auch recht umfangreich, was gut passt, schließlich geht es um Rock’n’Roll, um etwas Extremes. Das Büchermachen sei „ein Riesenspaß, aber auch fürchterlich anstrengend“, sagt er. Und es kommt immer etwas Neues. Für Schwarzkopf ist das auch das Tolle: dass er sich nicht auf ein Thema festlegen muss, um damit die nächsten Jahre zu verbringen. Jetzt ist es gerade Rock und Pop, die Bilder der Starfotografen. Initiiert durch einen Weihnachtsmarktbummel. Nicht, weil diese Musik schon immer seine Leidenschaft war. Sein Geschmack ist ein anderer. Moderner, jünger. Seine Arbeit hat sich inzwischen rumgesprochen und andere Rockfotografen haben ihre Archive geöffnet: Schwarzkopf war bei Gered Mankowitz in New York. Der war jahrelang offizieller Fotograf der Rolling Stones. Bei ihm durchstöberte Schwarzkopf das, wie er sagt, ordentlichste, übersichtlichste Archiv, in dem er je war. Und fand, was er brauchte für ein kolossales Buch.

Es ist ein Sechs-Kilo-Rolling-Stones- Buch geworden. Das schwerste, dickste, größte, was es zu der Band gibt. 640 Seiten, 1500 Fotos, Großformat. Jede Seite Papier ist 200 Gramm schwer, nach 500 Seiten flog die Heftung auseinander, Schwarzkopf beschloss, zwei Bände zu machen. In den Läden steht es für 199 Euro. Wieso traut man sich das?

Schwarzkopf, 38 Jahre alt, streicht mit den Händen die dunklen Haare nach hinten und wickelt das Gummiband neu um den Zopf. Das schmale Gesicht mit scharfen hellblauen Augen liegt auf dem Kinn und er grinst. „Man limitiert nicht von vornherein den Umfang“, sagt er. Und die Fotos seien einfach zu gut gewesen, um viele wegzulassen. Die Auflage ist auf 5000 Exemplare begrenzt, mehr hätte sich nicht gerechnet. Außerdem: „Wir wollten auch zeigen: Wir investieren in dieses Buch“, sagt Schwarzkopf. Jeder soll sehen, wie gut man es bei ihm hat. Er sagt, anders als bei der Rocky Horror Picture Show gebe es über die Rolling Stones eben schon hunderte Bücher. „Wenn man dann noch eins macht, muss das etwas Besonderes sein.“ Aber auch in anderen Segmenten fühlt sich Schwarzkopf für das Besondere zuständig. Er hat das Küchenzauberbuch „Gequälte Brötchen“ der Quarks-Sängerin Jovanka von Willsdorf verlegt, die „Sexual Intelligence“ von „Sex-and-the-City“-Darstellerin Kim Cattrall, ein Kamasutra-Buch als Pop-up.

Und wenn er sich entscheiden müsste, zwischen Foto und Text? Foto, sagt Schwarzkopf. Er muss dafür nicht überlegen. Als Nächstes kommt ein David-Bowie-Buch raus, Bowie selbst schreibt Geschichten oder Anmerkungen zu den Fotos. Danach erscheint ein Buch mit Plattencovern der 80er Jahre. Das Vorwort dazu verfasst Annie Lennox, Ikone jener Zeit, die trotz Mauer auch Schwarzkopf nah ist. Die 80er Jahre, an deren Ende die Wende kam und mit ihr diese unglaubliche Energie, die Leute wie ihn hinausgespült hat in die neue fremde Welt. Wundert er sich eigentlich manchmal über den Weg, den alles nahm? Er grinst, will den Erfolg nicht beschreien, den er bisher hatte, und sagt, was sicher auch wahr ist: „Zum Staunen habe ich doch gar keine Zeit.“

Mehr zum Thema im Internet unter www.schwarzkopf-schwarzkopf.de

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