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Berlin: Der Klo-Palast

Edelstahl und Glas: Unter dem Breitscheidplatz liegt Berlins modernstes öffentliches WC

Wenn man so vor Ilse Schache steht, zwischen dezent beleuchtetem Sicherheitsglas, aquamarinen Wandfliesen und Edelstahl, rechnet man damit, dass sie jeden Moment den Hotelzimmerschlüssel rüberreicht. Doch die 54-Jährige aus Finkenkrug bei Spandau sagt dann so was wie „Damen hier entlang, bitte sehr“. Ilse Schache ist Toilettenfrau in Berlins modernster öffentlicher WC-Anlage unter dem Breitscheidplatz zwischen Gedächtniskirche und Europacenter.

Seit Mittwoch ist die Hightechanlage aus dem Hause Wall offen. Ein Haus für gehobene Bedürfnisse, 750 000 Euro teuer, mit Meereswellen-Projektionsfläche und Technik-Showroom – eine Touristenattraktion. Willy Schapler aus Arnsberg im Sauerland ist eigens zu diesem Örtchen gekommen, weil er in der Zeitung davon gelesen hat. „Ich habe vorher in der Touristeninformation nachgefragt, die wussten noch von nichts.“ Die neue Stätte der Erleichterung wird sich bald herumsprechen, glaubt Ilse Schache. Sie hatte auch an ihrem früheren Arbeitsplatz im unterirdischen WC an der Joachimstaler Straße Stammkundschaft. Gerade kommt ihr alter Kollege Ismet Morina auf Besuch in den neuen Klo-Palast.

Ilse Schache sieht im weißen Polo-Shirt mit Wall-Logo, der blauen Hose und den weißen Schuhen sportlich aus. Das muss sie auch sein. Im Hightech-Klo braucht’s allerlei Erläuterung. Mal läuft sie nach links und erklärt den Damen, dass man das Geld wie im Schwimmbad oben einwerfen muss, mal erklärt sie einem Herrn, wie man durchs Drehkreuz kommt. Frau Schache kennt ihre Kunden. „Ich weiß, bei wem ich sozusagen schon mit dem Mopp dahinter stehe.“

Auf dem stillen Örtchen sind die Besucher recht gesprächig. Regine Paulke aus Spandau sagt, man solle die versteckten Klappmülleimer lieber beschriften. Stefania Dragoni und Roberta Bartalini aus Italien hätten das gern auch für den Seifenspender: Der sieht aus wie ein Wasserhahn. Auch Ilse Schache macht sich ihre Gedanken zum Design. Wie könnte man die 50 Cent Gebühr anschreiben, ohne „die Silhouette zu zerstören“? Und was geschieht bei steigendem Besucherandrang zur WM? Sie hofft auf Verstärkung des Toilettenteams. Für Fußball-Fans könnte die Firma Wall im Pissoir dann auch die Zielvorrichtung für Herren aktualisieren: Im Becken leuchtet derzeit ein Golfloch mit Flagge – es gibt aber auch schon das Modell Fußballtor.

Annette Kögel

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